Unter Weisheitsverdacht

"Ohrwaschl": Über wichtigtuerische Zitate und darüber, warum man Äpfel und Birnen sogar besser vergleichen kann als Äpfel und Äpfel.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Manchmal verspürt der Mensch den Drang, etwas Wichtiges zu sagen, z. B.: „Die Politik muss die Menschen dort abholen, wo sie sich befinden.“ Oder: „Das Leben ist nur ein schlechter Witz, und wir sind alle nur Darsteller darin.“ Oder auch: „Nach sieben Bier ist man doch nicht ang’soffen, oder?.“

Und weil ihm dann dämmert, dass das  vielleicht gar nicht so wichtig war, schiebt er das Zitat jemandem in die Schuhe, der sich nicht mehr wehren kann, und dessen Name den Satz mit dem edlen Lack des Weisheitsverdachts überzieht. Beliebt sind da etwa Churchill oder Samuel Beckett, die haben viel geredet. Konfuzius müsste sogar 375 Jahre lang ununterbrochen gesprochen haben, um alles sagen zu können, was er  gesagt hat. Nur Paulo Coelho spricht angeblich tatsächlich ausschließlich in Kalenderblattsprüchen, fünf Assistenten begleiten ihn ständig, schreiben mit und formen daraus entfernt buchähnliche Produkte.

Politiker sagen derzeit gerne: „Man kann Äpfel und Birnen nicht vergleichen.“ Und meinen damit: Die Frage geht mir auf die Nerven, Herr Wolf. Dabei kann man Äpfel und Birnen sogar sehr gut vergleichen – weil sie nämlich unterschiedlich sind. Und genau das bedeutet vergleichen: Unterschiede feststellen. Wusste schon Konfuzius. Oder Churchill. Oder sonstwer.
 

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