Polarisieren ist das neue Diskutieren

Argumentieren Sie noch, oder polarisieren Sie schon? Wer mit der Zeit geht, hört nicht mehr zu und hat immer recht.
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Während die Polkappen schmelzen, machen sich die Pole im Zwischenmenschlichen breit: Polarisieren ist das neue Diskutieren (nur ohne zuhören, aber mit recht haben). Polarisiert wird nicht auf der Sachebene, sondern auf der Emotionsebene. Das heißt, man macht sich gar nicht erst die Mühe, dem eigentlichen Thema oder einem sachlichen Argument Raum zu geben, sondern schlägt raumgreifend auf der persönlichen Ebene um sich.

Eine Aussage wie: „Ich lasse mich von dir nicht moralisch abwerten“ heißt so viel wie: „Spar dir deine Argumente, darauf gehe ich gar nicht ein“ und lässt den anderen als selbstgerechten Moralapostel dastehen, während man sich selbst als selbstbewusster Drübersteher inszeniert.

Wer sich überlegen fühlen will, drischt verbal auf andere ein. Aus Diskutieren wird Polarisieren, aus Vernetzen wird Verhetzen. „Überlegen“ war einmal ein Synonym für „Nachdenken“. Heute ist es ein Gefühl, das das Nachdenken ersetzt.

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