Über die Gewesenheit hinaus

Über die Gewesenheit hinaus
„Ohrwaschl": Philip Roth nannte das Alter schlicht „ein Massaker" und beschrieb dennoch das Altern virtuos wie kein Zweiter
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Keiner konnte das große Tabu der Gegenwart – das Altern, das ständig mitten im Raum steht und dem jeder entkommen will – so virtuos beschreiben wie Philip Roth. Der Jahrhundertschriftsteller, der ein knappes Jahrhundert widerstrebend auf das Alter zusteuerte, ließ es diesen Dienstag, mit 85, hinter sich.

Lesen wir noch einmal bei ihm nach: „Alt zu sein bedeutet für alle, die noch nicht alt sind, dass man gewesen ist. Aber wenn Sie alt sind, bedeutet es, dass Sie trotz Ihrer Gewesenheit, zusätzlich zu Ihrer Gewesenheit, über Ihre Gewesenheit hinaus noch immer sind. Ihre Gewesenheit ist sehr lebendig.“ Treffender als Roth im Roman „Das sterbende Tier“ hat niemand je die Unvergangenheit der Vergänglichkeit beschrieben.

In demselben Roman liest man: „Es ist eine alltägliche Tatsache, dass Ihr Leben auf dem Spiel steht.“ Und der wohl stärkste Satz ist: „Hören Sie auf, sich Sorgen über das Altwerden zu machen, sorgen Sie sich lieber darum, erwachsen zu werden.“ – Das ist gut. Denn womöglich würden echte Erwachsene sich nicht ständig vorm Altern drücken wollen.

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