Keine Zeit für Erklärungen
Die Zeitumstellung trifft bei mir einen dicken Nerv. Irgendwie ist dieses Einestundevor-Einestundezurück-Geplänkel unser ganzes Leben lang da, eigentlich völlig wurscht, hundertfach rational erklärt, und doch nicht zu verstehen – wie der wohlige Geschmack von Grießkoch.
Aber aufregend ist es auch immer wieder, der kleine Kick in Frühling und Herbst. So wie die Zeitverschiebung eines der großen Abenteuer beim Reisen ist. Wie viele Stunden ist man voraus, wie viele zurück, und wenn man in einem Land ist, wo die Lokalzeit um halbe Stunden abweicht (etwa Indien und Sri Lanka, aber teilweise auch in Australien), wähnt man sich am exotischsten Ort der Welt. Es gibt sogar Zeitzonen mit Viertelstunden-Verrückung, aber das will ich Ihren zarten Sonntagmorgen-Nerven nicht zumuten. Ist schon aufregend genug, heute daheim alle Uhren zu finden, die noch umzustellen sind, quasi die Aufwärmübung zur Ostereiersuche oder wie eine kleine Reise ohne wegzufahren, eine Stunde vor, schwupp, ist man temporär schon in Bulgarien, Libyen und Lesotho. Wobei ein alter Spruch in Afrika gegenüber Europa ist: Ihr habt die Uhren, wir haben die Zeit.
Mein verwirrendstes Zeitumgestelle hatte ich im Jahr 2010. Ich flog am 12. Jänner um 23.10 Uhr in Chile weg und landete am 14. Jänner um 4.20 Uhr in Neuseeland. Dazwischen lagen aber nur dreizehn Flugstunden, was bedeutete: Der 13. Jänner 2010 ging mir verloren. Jaja, kann man sicher alles wissenschaftlich erklären, Datumsgrenze und irgendwas, aber das ist einem kindlichen Gemüt wie mir zu schlicht. Was, wenn ich etwas angestellt hätte; zum Beispiel einen Strafzettel für den 13. Jänner bekommen? Hätt’ ich dann auf Absenz des Tattages plädieren können? Ich hätte einen OutOfOffice-Reply einrichten sollen: Werter Email-Sender, ich bin am 13. Jänner nicht. Oder hätte ich an Wahlen am 13. Jänner teilnehmen können; könnte mich die Pensionsversicherung wegen eines erschummelten Tages verklagen und vor allem: Werde ich nun insgesamt einen Tag älter?
Man soll nicht alle Mysterien unseres ohnehin so vernünftigen Lebens erklären. Lasst die Einhörner leben.
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