Der Lohn einer Reise, der Lohn des Lebens
Wer sich in Vorfreude auf eine Reise über die Zielorte informiert, wird selbstverständlich zunächst das große Archiv durchstöbern, das er oder sie über die Jahre aus KURIER-Reise-Ausgaben angesammelt hat. Aber danach vielleicht doch auch ins Internet schauen. Und dort recht bald auf persönliche Erfahrungsberichte über die Zielorte stoßen. Manche kurz, manche lang. Manche subjektiv ehrlich, manche bemüht objektiv. Manche gut geschrieben, manche volksschulaufsatzig. Und allesamt oft garniert mit der Frage: „Lohnt es sich?“ (... dies oder das zu besuchen)
Diese neue Lieblingsformulierung von den Tripadvisor- und ähnlichen Plattformen bringt einen wie mich zum Nachdenken. Das Leben wirft einem ja oft philosophische Fragen vor die Füße, interessanterweise beinhalten oft die banalsten Kleinigkeiten die größten Nachdenkvolumen. Lohnt es sich? Sich lohnen. Hm, im monetären Sinn natürlich schon mal nicht, weil man bekommt ja kein Geld zurück, wenn man wirklich auf den Eiffelturm steigt oder sich den Sonnenuntergang an der Westküste Mexikos (mein Tipp: bei der Schildkrötenrettungsstation nahe Puerto Arista) anschaut.
Also „lohnen“ in einem großgeistigeren Zusammenhang. Aber wie rechnet man das Leben ab? Lohnt sich eine Beziehung, die zehn Jahre glücklich ist und aus der zwei grandiose Kinder entstehen – die aber dann irgendwann zu Ende geht? Lohnt es sich, ewig lang einem Hobby nachzugehen, eine Sportart zu trainieren oder ein Instrument zu üben – wenn man dann eh nicht Profi wird und die Briefmarkensammlung/den Handball/die Gitarre ins Eck verräumt? Lohnt sich das gute Essen, wenn man wieder hungrig wird, oder der Konzertbesuch, wenn es danach eh wieder leise ist?
Natürlich. In all diesen Fällen: Natürlich. Ob sich etwas lohnt, entscheidet immer der Weg, nie das Ziel. Die Momente lohnen sich, die Erinnerungen. Das gilt natürlich vor allem auf Reisen. Der Moment des Sonnenuntergangs ist es wert, der Blick vom Eiffelturm auch. Wer schon vor Reiseantritt eine präventive Abrechnung macht, reist nicht. Und wer die Frage stellt, ob sich das lohnen wird, sollte vielleicht gar nicht erst hin.
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