ÜBER DEN TELLERRAND Das andere ist eine Frage der Kleinigkeit
Auf Reisen wird man stets daran erinnert, dass man nicht daheim ist. Na no net, werden manche einwerfen, wenn man auf das Meer schaut, weiß man, dass man nicht in Wien ist, oder wenn der hohe Berg den Blick ins nächste Tal verstellt. Aber davon spreche ich nicht. Ich meine die Kleinigkeiten, die einem subtil und ohne das große Drama des Ozeans oder eines Dreitausenders vor Augen führen: Du bist nicht an dem Ort, den du gewohnt bist. Ich meine die Gehsteige, die in der einen Stadt ganz eckige Kanten haben und in einer anderen rundere. Ich meine die Straßenschilder, die Gleiches aussagen wie daheim, aber in nuanciertem Design. Die Laternen, die Postkästen, die Straßenbahnen. Das alles gibt es da und dort, aber es schaut anders aus. (Außer Autobahnen, die schauen immer gleich aus, die dürften in einer Autobahnzentralfabrik hergestellt werden, aber das ist eine andere Geschichte)
Auch Lichtschalter, Armaturen und Steckdosen sind solche Details, die einem schon beim Aufwachen, noch auf der Pforte zwischen Schlafland und Reiserealität, entgegenbrüllen: Du bist nicht zu Hause! Besonders in England, wo die meisten Stecker beharrlich ein komisches drittes Loch haben (wobei sich das schleichend bessert) und noch immer viele Armaturen den Schildbürgerstreich geteilter Warm- und Kaltwasserhähne (da muss man echt sagen, was ist das, da hat ein Installateur eine Wette verloren oder ein ganzes Pub ausgetrunken, oder?!?).
Als ich vorige Woche im Londoner Hyde Park saß, fiel mir dieses andere besonders auf. Ein Park besteht ja im Wesentlichen aus den immer gleichen Zutaten: Gras, darüber Bäume und Himmel, dazwischen Spazierer, Jogger und Menschen mit Hunden. Auf-Bänken-Sitzer und Hände-hinter-dem-Rücken-Verschränker.
Aber im Hyde Park! Die Hunde tragen hier keinen Beißkorb, sind aber meist auch nicht an der Leine. Nicht, weil die Briten solche Rowdys wären, sondern weil Hund dort folgt, weil er (in alter Jagdtradition) erzogen ist und daher im Park laufen und jauchzen darf. Die Hunde kläffen den Passanten nicht an und müssen daher nicht in Wiener Parkmanier (Gehst du her da, hearst!) angekläfft werden. Niemand füttert hier Tauben, auf den Polizeipferden sitzen Polizisten statt eines überstolzen Innenministers, ältere Herren in Gummistiefeln stapfen durch den Gatsch statt auf dem Asphalt und sehen dabei aus wie Landlords. Aber gut, vielleicht sind sie ja welche.
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