Sind die Beatles etwa aus Madrid?
Wir sitzen auf der Couch, essen gegrillte Käsekrainer und schauen Champions-League-Finale. Mein Sohn erläutert fachkundig die Schwachpunkte der Spielgestaltung von Liverpool – die Flanken sind immer offen. Meine Tochter fragt: „Hält eh niemand zu Real?“ Nein, Tochter, natürlich nicht. Liverpool steht ja auch für eine Lebenshaltung: Leidenschaftlich, fair und ein bisschen verrückt. You’ll never walk alone! (Und außerdem: Wo kommen die Beatles her? Etwa aus Madrid?)
Das Spiel ist unglaublich spannend. Aber irgendwann fällt mir auf, dass ich mehr auf meine Kinder schaue als aufs Match. Rechts sitzt meine Tochter, sie maturiert gerade, mit 16 Jahren, und liefert eine brillante Arbeit nach der anderen ab. Sie ist einschüchternd intelligent, gleichzeitig warmherzig und eine entzückende junge Frau, die Freude am Leben hat. Sie geht klettern, sie plant eine Weltreise, und als das Leben einmal unfreundlich war, hat sie sich selbst mit beeindruckender Konsequenz geholfen.
Links sitzt mein Sohn und haut eine gute Pointe nach der anderen raus. Er ist 19, studiert mit großer Freude, war mit ebenso großer Freude im Zivildienst bei der Rettung, weil er es als befriedigend empfand, Menschen zu helfen. Irgendwann haben wir es aufgegeben, ihn erziehen zu wollen, und siehe da, er hat sich selber besser erzogen, als wir es je gekonnt hätten. Er ist ein hoch talentierter Cornerback in einer der besten American-Football-Mannschaften Österreichs, und, nebenbei gesagt, er ist der beste Matthias-Strolz-Parodist, den ich kenne (worauf sich leider jetzt doch keine berufliche Karriere aufbauen lässt).
Als die beiden vor so vielen Jahren beschlossen, meine Kinder zu werden, war ich schlicht überfordert. Heute bin ich jeden Tag dafür dankbar, ihr Vater sein zu dürfen.
Nach dem Spiel sind wir uns einig: a) Falsches Ergebnis. b) Und nie vergessen: Im Leben kann es immer schlimmer kommen. Man könnte z.B. der Tormann von Liverpool im Finale sein.
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