Septembergefühle: die Urlaubsfotos der Anderen anschauen müssen

Septembergefühle: die Urlaubsfotos der Anderen anschauen müssen
Es waren doch fast alle weg und jetzt sind sie wieder da, also schaut man halt Urlaubsfotos an, erduldet Axel N. Halbhuber.
Axel Halbhuber

Axel Halbhuber

Alle sind wieder da – so lässt sich das dominierende Gefühl der ersten Septemberwochen am besten beschreiben. Schule beginnt, Hauptreisezeit vorbei, Büros gefüllt, also sind alle wieder da; nicht, dass man alle wieder sehen will, aber da sind sie.

Septembergefühle: die Urlaubsfotos der Anderen anschauen müssen

Urlaubsselfies, die man sich im Büro ansehen muss, sind auch eine gewisse Schule, durch die man gehen muss.

Und doch wieder nicht, weil gar nicht wenige sind genau jetzt weg. Wenn das plärrende und tobende Kindsvolk wieder in seinen Kindergartengruppen und Schulklassen verstaut ist, finden manche, ist der richtige Zeitpunkt, die freigewordene Urlaubswelt zurückzuerobern.

Ich will das gar nicht sehen

Jene, die wieder da sind, reden derweil über die absolvierten Reisen – na, wie viele Strandfotos und Poolvideos mussten Sie schon anschauen? Wie viele Stunden haben wir alle schon vor wischenden Kolleginnen und Kollegen stehend darauf gewartet, dass sie in ihren Handys das beste Bild – das musst du unbedingt sehen, warte hab’s gleich, das Video musst du zu Ende schauen, das Beste kommt erst – gefunden haben.

Die Leserinnen und Leser sind auch wieder da, dieser Tage rief ein entzückender Herr an.

Er eröffnete mit „Wissen Sie, ich war ja schon in 117 Ländern, aber nicht nur kurz“, ich parierte mit „Aber die kömma jetzt nicht alle besprechen.“ Sein Anliegen war die jüngst erschienene Tiflis-Geschichte, wie komme er denn da hin, bei wem buche er das am besten, er wolle doch immer schon einmal nach Georgien.

Das ist der schönste Teil des Wieder-da-Seins: über das Reisen reden, in Reisen schwelgen. Denn trotz aller Krisen ist das Reisen zurück. Noch im Frühling sprachen viele hinter vorgehaltener Hand, dass das nix wird, weil Kosten, Krieg, Umwelt. Trotzdem fahren fast alle weg. Und ich traue mich wirklich wetten, es wird auch einen Winter geben – da sind dann alle wieder weg und der Leser wird vielleicht schon in Georgien gewesen sein. Er schloss übrigens mit einem Dankeschön und dem Satz: „Ich hoff’ der Kaffee is’ net kalt g’word’n.“

axel.halbhuber@kurier.at

Kommentare