Sag niemals „Griaß di!“

Warum man niemals versuchen sollte, sich irgendwo sprachlich einzuweimberln.
Barbara Beer

Barbara Beer

Ausnahmsweise in der Sonntagszeitung meldeten sich Teile des Redaktionskomitees der Wiener Ansichten zu Wort, um die Sommerfrische im Salzkammergut, genauer gesagt am Traunsee, zu würdigen. Natürlich wurden da auch kulinarische Erinnerungen erwähnt. Konkret der Steckerlfisch.

Mehr haben wir nicht gebraucht. Leserin Biggi W. war entrüstet. Wie können Sie nur! Steckerlfisch zum Stanglfisch in Altmünster sagen! Das sagt man höchstens am schlammigen Neusiedlersee!

Nun haben wir, liebe Frau Biggi, lange über Ihren Einwand nachgedacht. Und sind zum Schluss gekommen, dass es völlig in Ordnung ist, als Tourist nicht die Sprache der Einheimischen zu sprechen. Wo kämen wir da hin, wenn wir Wiener die Gmundner, Ebenseer oder Altmünsterer imitierten, die, während sie leichtfüßig wie die Gämsen den Traunstein rauf und runter rennen, im Vorbeikommen ein lockeres Griaß di auf den Lippen tragen? Sollen wir etwa Griaß di zurückrufen?

Nein, das kann man im Salzkammergut nicht wollen. Das wäre fast so unsympathisch wie deutsche Wien-Besucher, die sich rühmen, sie hätten beim Würstelstand A Eitrige mit an Buckl und a Sechzehner Blech zu sich genommen. Schauderhaft. Man sollte niemals versuchen, sich sprachlich einzuweimberln.

Zarter Themenwechsel. Vergangenes Wochenende ist in München die „Wiesn“ gestartet. Die Münchner sollen nach der coronabedingten Zwangspause sehr glücklich sein, ihr identitätsstiftendes Fest wieder zu haben. Es gibt bestimmt nichts Schöneres, als für die Maß Weißbier bis zu 16,80 Euro zu zahlen. Außerdem hat das Ganze einen großen wissenschaftlichen Erkenntniswert. Danach wird man wissen, ob US-Präsident Joe Biden recht gehabt hat mit seiner Prognose, dass die Pandemie vorbei ist. Auch Wien will nicht auf diese Erkenntnis verzichten. Die „Wiener Wiesn“ heißt zwar jetzt anders als bisher, wirbt aber ebenso mit „Hüttengaudi und Brauchtum“.

Wir protestieren energisch. Der Verlederhosisierung Wiens muss Einhalt geboten werden.