Respekt: In Erinnerung an Rudolf Hundstorfer

Österreichische Streitkultur: Zwischen Dauerkonsens und Abneigung.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Über Tote soll man nichts Schlechtes sagen, heißt es. Deshalb wird in Nachrufen  oft geheuchelt, dass sich die Balken biegen. Im Fall von Rudolf Hundstorfer ist das nicht nötig – den Sozialpolitiker und Gewerkschafter, der überraschend an einem Herzinfarkt starb, mochte jeder. Hundstorfer konnte mit allen, und alle konnten mit ihm. Er war der vielleicht letzte Vertreter der Konsens-Generation.

In Österreich, wo man nach dem Krieg auf den Kompromiss als Lebenshaltung setzte (und auf die Sozialpartnerschaft als dessen politische Institution) hat man nie gelernt, richtig zu streiten. Früher wurde der Kompromiss schon fixiert, bevor die Diskussion begann – und die dann meistens abgesagt und durch Spritzweintrinken ersetzt.

Heute hat man das Gefühl, die Politiker streiten erbittert und voller Ressentiments. Uneinigkeit auch als respektvollen Wettkampf von Gedanken und Ideen zu begreifen, das müssen viele erst lernen.

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