Wie wird eigentlich beim Skifahren der Pistenverkehr geregelt?

Wie wird eigentlich beim Skifahren der Pistenverkehr geregelt?
Rechtsanwältin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts.
Maria  In der Maur-Koenne

Maria In der Maur-Koenne

Ich gehe in den steirischen Semesterferien mit meiner Familie Skifahren. Mein Sohn, der gerade den Fahrradführerschein gemacht hat, hat mich gefragt, ob es beim Skifahren eigentlich auch „echte“ Regeln gibt, an die er sich beim Überholen etc. halten muss. Mir sind nur die FIS-Regeln eingefallen, aber was da genau drinsteht und vor allem, ob sie rechtlich bindend sind, war ich mir dann nicht sicher. Wie schaut es denn rechtlich auf der Piste aus?

Martina G., Steiermark

Liebe Frau G., Ihr Sohn hat einen wichtigen Punkt angesprochen: Auch auf der Skipiste gibt es Regeln, die das Zusammenleben und die Sicherheit fördern sollen. Die zehn sogenannten FIS-Regeln, benannt nach dem internationalen Skiverband Fédération Internationale de Ski, sind weltweit anerkannte Regeln für das Verhalten auf der Piste.

Dabei geht es etwa um die Rücksichtnahme auf andere, die Anpassung der Fahrweise an Können und Verhältnisse, die richtige Wahl der Fahrspur und das sichere Überholen mit ausreichend Abstand. Darüber hinaus regeln die FIS-Vorgaben auch, dass man beim Einfahren in eine Abfahrt oder beim Wiederanfahren niemanden gefährden darf. Anhalten sollte man nach Möglichkeit nur an übersichtlichen Stellen, um den Verkehr nicht zu behindern und wer zu Fuß auf- oder absteigt, soll den Rand der Piste benutzen. Darüber hinaus müssen alle Markierungen und Signale beachtet werden. Im Falle eines Unfalls schreibt die neunte Regel vor, dass jeder zur Hilfeleistung verpflichtet ist. Die letzte Regel betrifft die Ausweispflicht: Wer in einen Unfall verwickelt ist, sei es als Beteiligter oder Zeuge, muss seine Personalien angeben.

Diese Regeln sind allerdings nicht gesetzlich verankert und damit nicht unmittelbar verbindlich. Sie dienen vielmehr dazu, allgemeine Sorgfaltspflichten zu konkretisieren und Rechtssicherheit auf der Piste zu schaffen. Das bedeutet, dass Verstöße gegen die FIS-Regeln zunächst keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen wie Verwaltungsstrafen nach sich ziehen, anders als etwa bei einem Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung. Ihre Bedeutung liegt jedoch darin, dass sie in Gerichtsverfahren, etwa nach einem Unfall, als Maßstab herangezogen werden, um die Schuldfrage zu klären. Wer gegen die FIS-Regeln verstößt und dadurch einen Unfall verursacht, muss oft mit einer zivilrechtlichen Haftung rechnen und kann auch strafrechtlich belangt werden, etwa wegen Fahrlässigkeit.

Besonders ernst ist es bei der Pflicht zur Hilfeleistung. Diese ist nicht nur Teil der FIS-Regeln, sondern auch gesetzlich verankert. Wer bei einem Unfall mit Verletzten keine Hilfe leistet, macht sich womöglich gemäß § 95 StGB wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar. Verursacht man selbst eine Verletzung und leistet keine Hilfe, greift sogar § 94 StGB, das Imstichlassen eines Verletzten. Es ist daher essenziell, bei Unfällen stehen zu bleiben und nach Möglichkeit Erste Hilfe zu leisten oder Rettungskräfte zu alarmieren.

Ihr Sohn kann sich die FIS-Regeln also durchaus wie eine Art „Verkehrsordnung“ für die Piste vorstellen. Auch wenn sie rechtlich nicht direkt bindend sind, fördern sie gegenseitige Rücksichtnahme und sorgen für mehr Sicherheit. Ich wünsche eine schöne und vor allem sichere Zeit auf der Piste!

Rechtsanwältin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts.

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