Wie funktioniert das mit Regierung, Parlament und Gesetzen?

Wie funktioniert das mit Regierung, Parlament und Gesetzen?
Rechtsanwältin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts.
Maria  In der Maur-Koenne

Maria In der Maur-Koenne

Ich habe mich vor der Nationalratswahl mit den Programmen der Parteien beschäftigt, eine Entscheidung getroffen und gewählt. Ganz klar ist mir die Bedeutung dieser Wahl nun aber nicht. Einerseits wird der Nationalrat gewählt, andererseits wird jetzt dauernd über die Regierungsbildung gesprochen. Wie hängen die beiden zusammen, wofür wurde genau gewählt und wie kommen unsere Gesetze letztlich zustande?

Leo L., Wien

*** Dieses "Recht praktisch" ist ausnahmsweise frei verfügbar, um zu zeigen, dass diese Informationen zum Funktionieren der Demokratie für alle Bewohner Österreich wichtig sind ***

Lieber Herr L., alle fünf Jahre werden in Österreich die 183 Abgeordnete des Nationalrats gewählt. Die Regierung wird hingegen nicht direkt durch die Bevölkerung gewählt, sondern vom Bundespräsidenten ernannt. Dennoch besteht hier insofern ein Zusammenhang, als der Bundespräsident bei der Ernennung der Regierung darauf achtet, dass diese handlungsfähig ist, indem sie idealerweise über eine Mehrheit im Nationalrat verfügt. Üblicherweise wird daher der Spitzenkandidat der stimmenstärksten Partei mit der Regierungsbildung beauftragt. Dies ist aber nicht zwingend, wie zuletzt in der Innenpolitik zu beobachten war. Scheitert die erste Variante, können sich auch andere Mehrheiten zusammenschließen.

Es gibt drei Staatsgewalten in Österreich. Exekutive (Verwaltung), der die Regierung angehört, Legislative (Gesetzgebung), der der Nationalrat angehört und Judikative (Gerichtsbarkeit). Diese Gewalten sind strikt voneinander getrennt, arbeiten aber zusammen und kontrollieren einander.

Für die Bundesgesetzgebung ist das Parlament zuständig. Dieses besteht aus Nationalrat und Bundesrat. Im Unterschied zum Nationalrat werden die Mitglieder des Bundesrates nicht vom Volk gewählt, sondern von den Landtagen entsandt. Um das Gesetzgebungsverfahren einzuleiten, muss es zunächst eine Gesetzesinitiative geben. Diese kann von der Bundesregierung kommen, aber auch einem Antrag Abgeordneter des Nationalrats oder des Bundesrats selbst, sowie einem Volksbegehren entstammen. In einem ersten Schritt werden vom Nationalrat Ausschüsse eingesetzt, die mit Experten des Felds besetzt sind und Vorarbeit leisten. Nach diesen Gesprächen finden Beratungen im Plenum mit allen Abgeordneten statt, um den Gesetzesentwurf zu beschließen. Bei der Abstimmung darf sich kein Anwesender der Stimme enthalten, weshalb manchmal stattdessen demonstrativ der Saal verlassen wird. Ansonsten wird in der Regel durch Aufstehen Zustimmung und durch das bekannte „Sitzenbleiben“ Ablehnung gezeigt.

Anschließend wird der Gesetzesbeschluss an den Bundesrat gesendet. In gewissen Fragen besteht kein Mitwirkungsrecht des Bundesrats, etwa wenn die Geschäftsordnung des Nationalrats oder Budgetfragen betroffen sind. Ansonsten hat der Bundesrat Zeit, Einspruch zu erheben und bei gewissen Themen muss er sogar explizit zustimmen. Der Einspruch wirkt allerdings meist nur verzögernd, weil der Beschluss dann zurück zum Nationalrat geht, der mit 50 % Anwesenheit seiner Mitglieder darauf bestehen kann, wogegen der Bundesrat nicht mehr vorgehen kann.

Zuletzt beurkundet der Bundespräsident das ordentliche Zustandekommen des Gesetzes und der Bundeskanzler unterzeichnet es. Anschließend wird jedes Gesetz im Bundesgesetzblatt kundgemacht und tritt, wenn nichts Gegenteiliges bestimmt ist, am Tag nach der Kundmachung in Kraft.

 

Rechtsanwältin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts.

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