Wer haftet, wenn Kinder und Jugendliche etwas anstellen?

Man hört immer öfter von Vandalismus, Tiktok-Challenges mit Sachbeschädigung oder Prügeleien unter Jugendlichen. Was passiert eigentlich rechtlich, wenn Kinder oder Jugendliche etwas anstellen? Wer haftet, wenn dabei etwas kaputt geht oder jemand verletzt wird – die Kinder selbst, die Eltern oder am Ende niemand?
Maren B., Wien
Liebe Frau B., Ihre Frage ist aktueller denn je – auch weil die rechtlichen Folgen solcher Vorfälle vielen nicht klar sind. Ob ein Kind oder Jugendlicher für sein Verhalten haftet oder die Eltern zur Verantwortung gezogen werden, hängt stark vom Alter ab sowie davon, ob man sich im Straf- oder Zivilrecht befindet und ob Aufsichtspflichten verletzt wurden.
In Österreich sind Kinder unter 14 Jahren strafunmündig. Das bedeutet: Auch wenn sie objektiv eine Straftat begehen, etwa etwas stehlen oder zerstören, können sie nicht bestraft werden. Erst ab dem vollendeten 14. Lebensjahr kommt das Jugendstrafrecht zur Anwendung. Dieses sieht zwar Strafverfolgung vor, legt aber besonderen Wert auf Erziehung und Resozialisierung. Aufgrund der steigenden Zahl straffälliger Kinder und Jugendlicher wird immer wieder über eine Reform nachgedacht. So plant die aktuelle Regierung, befristete Zwangsaufenthalte für besonders auffallende junge Menschen in Einrichtungen der Jugendhilfe einzuführen.
Eltern haften strafrechtlich nicht für ihr Kind. Eine strafrechtliche Verantwortung der Eltern kommt nur dann in Betracht, wenn sie selbst eine Straftat begangen haben – etwa indem sie ihr Kind zu einer Tat angestiftet oder ihm aktiv dabei geholfen haben. In solchen Fällen werden sie nicht stellvertretend für das Kind, sondern für ihre eigene strafbare Handlung verfolgt. Die bloße Vernachlässigung der elterlichen Aufsichtspflicht ist im Strafrecht hingegen nicht relevant, allenfalls zivilrechtlich.
Im Zivilrecht sieht es also anders aus. Auch hier sind Kinder unter 14 Jahren grundsätzlich deliktsunfähig. Sie haften für Schäden nur dann, wenn sie nach ihrer Reife und Einsichtsfähigkeit das Unrecht ihrer Tat erkennen konnten und/oder über eigenes Vermögen verfügen (z. B. durch eine private Haftpflichtversicherung) und es das Kind finanziell weniger hart treffen würde als den Geschädigten.
Schließlich kann auch eine Verletzung der Aufsichtspflicht geprüft werden. Eltern müssen nach Alter, Reife und Verhalten ihres Kindes angemessene Maßnahmen setzen, um gefährliche Handlungen zu verhindern. Bei einem vierjährigen Kind im Park ist das etwas anderes als bei einem 13-Jährigen auf dem Schulweg. Wurde die Aufsichtspflicht verletzt, haften Eltern zivilrechtlich für den entstandenen Schaden. Wenn das Kind nun aber nicht einsichtsfähig und vermögend ist und die Eltern korrekt gehandelt haben, bleibt der Schaden rechtlich folgenlos. Somit bleibt der Geschädigte auf den Kosten sitzen.
Manche privaten Haftpflichtversicherungen für Kinder oder Mitversicherungen über die Eltern übernehmen dennoch Schäden von Deliktsunfähigen, aber nur, wenn das spezifische Risiko gedeckt ist. Weder Kind noch Eltern haften somit automatisch. Entscheidend sind Alter, Einsichtsfähigkeit und die Frage, ob die Aufsichtspflicht verletzt wurde.
Rechtsanwältin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts.
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