Teilen, liken, haften? Rechtliche Risiken in sozialen Medien

Margot Rest, Michael Borsky, Autorenfoto, Kommentarfoto
Rechtsanwalt Michael Borsky beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts.

Von Michael Borsky

Ich habe ein Facebook-Account. Neulich hat ein Kontakt einen Artikel mit „So ein Idiot“ kommentiert. Ich fand das gut und habe es geliked und geteilt. Jetzt schreibt mir ein Anwalt, dass ich eine Entschädigung zahlen soll. Zurecht?

Herzlich, Martha G.

Sehr geehrte Frau G., die sozialen Medien verleiten dazu, die eigene Meinung schnell und ungefiltert kundzutun. Das „Like“ ist schnell gesetzt, das Teilen mit nur einem Klick möglich. Viele übersehen dabei allerdings, dass die eigene Meinung andere verletzen kann.

Zunächst müssen wir das ursprüngliche Posting rechtlich einordnen. Die Bezeichnung einer Person als „Idiot“ stellt in aller Regel eine ehrverletzende Meinungsäußerung dar. Dies ist einerseits nach § 1330 Abs 1 ABGB dann rechtswidrig, wenn dadurch der Ruf oder die soziale Wertschätzung eines Menschen herabgesetzt werden kann. Bei Beleidigungen kann andererseits aber auch der Tatbestand des § 115 StGB erfüllt sein, wenn die Beleidigung für mehrere Dritte wahrnehmbar war. Dies kann in der Regel nur dann durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gerechtfertigt sein, wenn die Person, die das betrifft, einen triftigen Grund dazu gegeben hat, auf den reagiert wird, oder das der allgemeine Umgangston ist. Das öffentliche Verbreiten vom Kommentar „So ein Idiot“ wird daher in aller Regel – sofern nicht besondere Umstände hinzutreten – rechtswidrig sein. In dem von Ihnen geschilderten Fall haben Sie den Kommentar allerdings nicht selbst geschrieben und veröffentlicht, sondern lediglich geteilt und geliked.

Durch das Teilen auf ihrer eigenen Seite wird das Posting so behandelt, als wäre es Ihr eigenes. Sie sollten sich daher gut überlegen, ob die Meinung, die Sie teilen, wirklich Ihrer eigenen Meinung entspricht und nicht eventuell die andere Person ungerechtfertigt verletzt. In diesem Fall könnten sogar Entschädigungsansprüche vor einem Strafgericht beantragt werden. Beim Liken ist die Sache etwas differenzierter zu betrachten. Wird dadurch das Posting (wie beim Teilen) auf Ihrer Profil-Seite oder anderen Nutzern angezeigt, ist das Liken wie das Teilen zu beurteilen. Das ist von Ihren Einstellungen bei Facebook abhängig. Wird aber nur beim ursprünglichen Beitrag angezeigt, dass Sie ein Like gegeben haben, kann dies dazu führen, dass das „Like“ nicht rechtswidrig, sondern eine zulässige Meinungsbeurkundung ist.

Ob Sie nun tatsächlich eine Entschädigung zahlen müssen, hängt daher vom genauen Wortlaut des ursprünglichen Beitrags, der Reichweite Ihrer Handlung und dem damit verbundenen Schaden für die betroffene Person ab. Wichtig ist: Ihre subjektive Absicht ist nicht entscheidend. Auch wenn Sie nicht beleidigen wollten, zählt, wie Ihre Handlung objektiv auf Dritte wirkt. Was sollten Sie nun tun? Je nachdem, wie sehr Sie zu dem geteilten und gelikten Beitrag stehen, sollten Sie Ihr Like oder ihren geteilten Beitrag vorsorglich offline stellen und auf das Schreiben des Rechtsanwalts antworten, dass Sie das Posting vorsorglich offline genommen haben. Das ist oftmals bereits ausreichend. Der Zahlung von Entschädigungsbeträgen oder der Unterfertigung von Unterlassungserklärungen sowie dem Online-Halten sollte allerdings eine individuelle rechtliche Beratung vorausgehen. Überlegen Sie also, was Sie liken und teilen, und überprüfen Sie allenfalls Ihre Einstellungen bei Ihren Social-Media-Accounts.

Michael Borsky ist Rechtsanwalt und Partner bei Ruggenthaler, Rest & Borsky in Wien.

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