Stundenlanges Klavierspiel und Zigarettenrauch – was tun?

Von Margot Rest
Ich habe lange gesucht und dachte, endlich meine Traumwohnung mit Balkon gefunden zu haben. Nun hat sich herausgestellt, dass der Nachbar mit direkt angrenzendem Balkon Kettenraucher ist und der Zigarettenrauch ständig in meine Wohnung eindringt, und dass über mir eine Pianistin wohnt, die teilweise bis zu acht Stunden am Tag übt. Ich habe mit beiden Nachbarn ein Gespräch gesucht, aber es war keine Einigung möglich. Muss ich das tatsächlich hinnehmen
Markus B.
Sehr geehrter Herr B., das ist natürlich ärgerlich und ich kann Ihren Unmut verstehen. Rechtlich gesehen befinden wir uns hier im sogenannten „Nachbarrecht“. Dieses soll Schutz vor unzulässigen Immissionen bieten.
Unter Nachbarn versteht man nicht nur die Eigentümer von unmittelbar aneinandergrenzenden Grundstücken, sondern alle Personen, die im Einflussbereich einer Liegenschaft ein Grundstück besitzen. Für den Begriff Immissionen gibt es keine gesetzliche Definition. Aus dem relevanten § 364 Abs 2 ABGB ergibt sich jedoch eine demonstrative Aufzählung an Beispielen, die darunterfallen (z.B. Abwässer, Rauch, Gase, Geräusche etc.). Zigarettenrauch und Klaviergeräusche fallen somit darunter. Allgemein gilt, dass Eigentümer von Grundstücken Immissionen von Nachbargrundstücken nur in dem Maße hinnehmen müssen, wie es dem ortsüblichen Maß entspricht und die Nutzung ihres Grundstücks nicht wesentlich beeinträchtigt. Daraus ergibt sich, dass es also immer von den konkreten örtlichen Verhältnissen abhängt, was man zu dulden hat.
Wie sieht das nun in Ihrem Fall aus? Beginnen wir zuerst mit dem eindringenden Zigarettenrauch. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat dazu erst vor wenigen Monaten in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass es sich bei dem aus der Nachbarwohnung bzw. dem Nachbarbalkon in die eigenen Wohnräume eindringenden Zigarettenrauch um eine Immission handelt, die in Wohngebieten in der Regel hinzunehmen ist. Nichtsdestotrotz müssen Raucher Rücksicht auf ihre Nachbarn nehmen. So sind Einschränkungen zu bestimmten Zeiten (z.B. nachts oder bei offenem Fenster) vom rauchenden Nachbarn hinzunehmen. Tatsächlich hängt die genaue Regelung immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.
Bezüglich des Klavierspielens sieht es schon ein bisschen anders aus. Hier hat der OGH in mehreren Entscheidungen bekräftigt, dass Klavierspielen nur als ortsüblich bezeichnet werden kann, sofern es nicht während der üblichen Ruhestunden und nur zeitlich limitiert betrieben wird. Er ist hier sogar zu dem Schluss gekommen, dass in der Großstadt nur ein bis zwei Stunden als zumutbar anzusehen sind. Die acht Stunden Übungszeit Ihrer Nachbarin übersteigen damit das ortsübliche Maß erheblich.
Da ein Einigungsversuch Ihrer Erzählung nach schon erfolglos war, würde ich Ihnen als nächsten Schritt raten, Ihre Hausverwaltung zu kontaktieren, vielleicht findet sich so eine passende Lösung. Sollte auch dies nicht zu einem Erfolg führen, müssen Sie wohl gerichtliche Schritte einleiten. Das geeignete Mittel ist hier die sogenannte Eigentumsfreiheitsklage, die sich auf die Unterlassung der vom Nachbarn ausgehenden Immissionen gründet.
Mag. Margot Rest ist Rechtsanwältin und Partner bei Ruggenthaler, Rest & Borsky in Wien.
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