Passant stürzt am Gehsteig vor meinem Haus – bin ich haftbar?
Von Margot Rest
Ich habe mir im Sommer ein Haus gekauft. Jetzt, wo der Winter naht, stellt sich für mich die Frage, ob ich dafür haftbar gemacht werden kann, wenn eine Person direkt vor meinem Haus am Gehweg auf Glatteis ausrutscht und sich verletzt. Ein Freund hat mich darauf aufmerksam gemacht. Aber wie kann es sein, dass ich für eine öffentliche Verkehrsfläche haften soll?
Evi S.
Sehr geehrte Frau S., ich verstehe Ihre Unsicherheit und dieses Thema ist in Anbetracht des nahenden Winters höchst aktuell. Rechtlich gesehen befinden wir uns hier bei der sogenannten „Wegehalterhaftung“. Die dazugehörige Rechtsnorm ist §1319a ABGB. Sie besagt, dass ein Halter eines Weges den Benützern des Weges für ihren Schaden haftet, wenn dieser durch den mangelhaften Zustand des Weges herbeigeführt wurde. Der Halter muss aber mit Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit gehandelt haben. Aber was genau bedeutet das jetzt?
Als Halter eines Weges gilt, wer die Kosten für die Errichtung und Erhaltung des Weges trägt und dessen Verfügungsmacht hat. In § 1319a Abs 2 ABGB findet sich auch die Definition dafür, was man unter einem Weg versteht: Es handelt sich dabei um eine Landfläche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen für den Verkehr jeder Art oder für bestimmte Arten des Verkehres benützt werden darf. Das bedeutet, dass der Gehweg vor Ihrem Haus, Frau S., unter die Definition eines Weges iSd § 1319a Abs 2 ABGB fällt.
Für eine Haftung des Wegehalters bedarf es aber der Mangelhaftigkeit des Weges. Diese ist beispielsweise gegeben, wenn die Instandhaltung vernachlässigt oder Gefahrenquellen nicht beseitigt wurden. Allerdings kann sich der Geschädigte nicht auf den mangelhaften Zustand des Weges berufen, wenn er diesen unerlaubt benützt hat, dann liegt ein Handeln auf eigene Gefahr vor. Dies wird aber bei einem Gehsteig in der Regel nicht der Fall sein.
Somit ist der Gehsteig vor Ihrem Haus als Weg im Sinne des § 1319a ABGB zu qualifizieren. Sie als Privatperson werden aber üblicherweise nicht der Halter des Weges sein, sondern ist dies zumeist die Gemeinde, die auch die Kosten für die Errichtung und Erhaltung trägt.
Aber Achtung: Hier gibt es die Sonderregel des § 93 StVO: Diese bestimmt, dass Eigentümer von Liegenschaften dafür zu sorgen haben, dass die entlang ihrer Liegenschaft in einer Entfernung von nicht mehr als 3 Meter vorhandenen Gehwege von Schnee und Verunreinigungen gesäubert und bei Schnee und Glatteis zu bestreuen sind. Diese Räum- und Streupflicht gilt täglich von 06.00 – 22.00 Uhr. Diese Verpflichtung kann der Eigentümer aber vertraglich auch übertragen, wodurch dann diese Person haftet. Das bedeutet, dass wenn Sie einen Winterdienst beauftragen, den Gehweg vor Ihrem Haus zu streuen und zu räumen, sich die Haftung für Schäden aus mangelhafter Räumung bzw. Streuung auf diesen Winterdienst überträgt. Im Gegensatz zu der oben dargestellten Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB, haftet man bei der Verletzung der Schneeräum- und Streupflichten nach § 93 StVO schon für leichte Fahrlässigkeit.
Zusammengefasst bedeutet dies, dass ein unzureichender Winterdienst sehr wohl rechtliche Folgen für Sie haben kann.
Mag. Margot Rest ist Rechtsanwältin und Partner bei Rest, Borsky & Hofbauer Rechtsanwält:innen OG in Wien.
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