Im Stiegenhaus stehen Sachen herum und es stinkt – was tun?

Bei uns im Stiegenhaus stehen dauernd Schuhe, Kinderwägen, Blumenkisten – sogar ein Wäscheständer wurde mal vor der Wohnungstür aufgestellt. Außerdem riecht es oft intensiv nach Essen, vor allem abends, manchmal auch nach Zigarettenrauch. Ich finde das alles störend, andere im Haus sagen, man müsse das eben aushalten. Wie ist das rechtlich geregelt? Kann in so einem Fall ein Dunstabzug oder das Rauchen nur an gewissen Fenstern vorgeschrieben werden?
Harald W., Salzburg
Lieber Herr W., das österreichische Nachbarschaftsrecht lebt von der Realität im Haus – und die ist selten schwarz oder weiß. Konflikte zwischen Nachbarn müssen rechtlich fast immer im Einzelfall beurteilt werden. Dabei gilt der allgemeine Grundsatz, dass Eigentums- und Nutzungsrechte so auszuüben sind, dass andere möglichst nicht beeinträchtigt werden. Geregelt ist dies in §364 ABGB, dem sogenannten Rücksichtnahmegebot.
Das betrifft auch Gemeinschaftsflächen wie Stiegenhäuser. Diese stehen zwar allen Bewohnern zur Verfügung, dürfen aber nicht privat genutzt werden, wenn es dafür keine ausdrückliche Regelung im Mietvertrag oder der Hausordnung gibt. Dauerhaftes Abstellen von Schuhregalen, Wäscheständern oder Blumenkisten kann nicht nur andere stören, sondern auch Fluchtwege versperren und damit brandschutzrechtlich problematisch sein. Im Fall eines Unfalls kann sogar eine zivilrechtliche Haftung nach § 1295 ABGB drohen, etwa wenn jemand über Schuhe stürzt, die sorgfaltswidrig im Gang standen.
Gerüche hingegen zählen zu den sogenannten Immissionen und sind nur dann unzulässig, wenn sie das ortsübliche Maß überschreiten und die Nutzung der eigenen Wohnung dadurch wesentlich beeinträchtigen. Was genau noch als „ortsüblich“ gilt, hängt vom Umfeld, der Häufigkeit und der Intensität ab. Ab und zu Kochen mit viel Knoblauch oder Zwiebeln ist in der Regel hinzunehmen – dauerhafte, extreme Gerüche jedoch nicht. Auch vom OGH wurde festgestellt, dass in der eigenen Wohnung gelegentlich geraucht werden darf, selbst dann, wenn der Rauch in benachbarte Wohnungen dringt. Er hat allerdings auch erkannt, dass zu bestimmten Zeiten, etwa Schlaf- und Essenszeiten, besondere Rücksicht gefordert werden kann. Was im Einzelfall zumutbar ist, hängt immer vom konkreten Wohnumfeld und der objektiven Störung ab – gemessen am Empfinden eines Durchschnittsmenschen, nicht etwa an besonders geruchsempfindlichen Einzelpersonen.
Wichtig ist außerdem: Sie können Ihrem Nachbarn nicht vorschreiben, in welchem Raum er zu rauchen hat oder was zu kochen ist, und auch nicht den Einbau eines Dunstabzug verlangen. Ein rechtlicher Anspruch besteht immer nur auf das Unterlassen der unzumutbaren Beeinträchtigungen, nicht auf konkrete Maßnahmen.
In nachbarschaftlichen Angelegenheiten ist stets zu empfehlen, als Erstes den persönlichen Kontakt zu suchen. Wenn das Gespräch nichts bringt, kann die Hausverwaltung aktiv werden – oder im Streitfall ein Gericht. Denn auch wenn nicht jeder Geruch oder jeder Blumentopf ein Fall für den Anwalt ist, gilt doch: Rücksicht ist keine reine Moralfrage, sondern auch eine rechtliche.
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Rechtsanwältin Dr. Maria In der Maur-Koenne beantwortet juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts.
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