Beim Angebot verschrieben – ist der Vertrag jetzt verbindlich?

Von Patricia Backhausen
Ich verkaufe hochwertige Werbeartikel. Eine Stammkundin und ich haben mehrmals besprochen, dass der Preis für das neueste Sortiment 10 Euro pro Stück betragen soll. Sie wollte die Werbeartikel in Packungen verpackt, die jeweils 5 Stück enthalten. Im Angebot habe ich im Stress leider 10 Euro pro Packung (statt pro Stück) geschrieben und sie nahm das Angebot an. Kurze Zeit später fiel mir mein Schreibfehler auf. Meine Stammkundin beharrt jedoch nun auf dem Preis. Bin ich an den Vertrag gebunden?
Kurt S., Wien
Lieber Herr S., grundsätzlich gilt: Wer ein Angebot abgibt, ist auch an dessen Inhalt gebunden. Schließlich soll man darauf vertrauen können, dass das, was eine Person in einem Angebot schreibt, auch dem entspricht, was sie wollte. Durch Annahme eines Angebots kommt ein Vertrag grundsätzlich zustande. Das Gesetz berücksichtigt jedoch auch, dass Menschen sich irren können.
Ein Erklärungsirrtum liegt vor, wenn eine Person etwas anderes erklärt, als sie tatsächlich beabsichtigt. Vertraut der Vertragspartner auf den objektiven Erklärungswert, kommt ein Vertrag grundsätzlich mit jenem Inhalt zustande, wie ihn der Erklärungsempfänger verstehen durfte, und nicht mit jenem Inhalt, den der Erklärende vor Augen hatte. Der Irrende ist somit vorläufig an einen Vertrag gebunden, den er auf diese Weise nicht abschließen wollte. Unter Umständen ist er aber berechtigt, den Vertrag anzufechten. Ein Erklärungsirrtum kann u. a. geltend gemacht werden, wenn der Irrtum dem Vertragspartner aus den Umständen offenbar auffallen musste oder der Vertragspartner den Irrtum fahrlässig nicht erkannte.
In Ihrem Fall bestünden auf den ersten Blick grundsätzlich gute Argumente. Wenn, wie Sie schreiben, mehrmals besprochen wurde, dass der Preis 10 Euro pro Stück betragen soll und keine anderweitigen Handlungen Ihrerseits getätigt wurden, die Ihre Stammkundin veranlasst haben könnten, anzunehmen, dass Sie Ihre Meinung geändert haben sollten, könnte man wohl argumentieren, dass Ihrer Stammkundin Ihr Schreibfehler zumindest auffallen hätte müssen. In diesem Fall könnten Sie den Vertrag aufgrund eines Erklärungsirrtums anfechten.
Man könnte eventuell sogar versuchen, sich darauf zu berufen, dass gar kein Irrtum vorlag und der Vertrag mit 10 Euro pro Stück zustande kam. Das mag kurios klingen, da der Wortlaut etwas anderes vorsieht. Kann jedoch ausreichend bewiesen werden, dass beide Parteien damals einen Vertrag mit 10 Euro pro Stück abschließen wollten, ist eine falsche Bezeichnung im Vertrag nicht schädlich. In dem Fall wäre es gut, wenn Sie anhand von eMails nachweisen könnten, dass Ihre Stammkundin damals 10 Euro pro Stück vereinbaren wollte und auf Basis der vor Vertragsabschluss stattgefundenen Gespräche auch wusste, dass Sie ebenfalls stets von 10 Euro pro Stück ausgingen und in Ihrem Angebot daher etwas anderes meinten. In dem Fall müsste der Vertrag gar nicht angefochten werden, da der Vertragsinhalt dem entsprechen würde, was die Parteien tatsächlich wollten.
Ob Sie sich auf einen Irrtum berufen können oder Argumentationsspielraum besteht, dass der Vertrag ohnehin mit dem von Ihnen beabsichtigten Inhalt zustande kam, hängt jeweils von einer genaueren Betrachtung der Umstände des Einzelfalls ab. Die Beweislast liegt grundsätzlich bei Ihnen.
Mag. Patricia Backhausen, MSc ist Rechtsanwältin bei DORDA.
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