Professionelle statt geheime Trinker

Wolfgang Winheim
Parallel zum Wettschwitzen auf der Donauinsel ist heute Wettsaufen in Hütteldorf angesagt.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

60 Grad über dem Matchboden. Trotzdem waren und sind die Beachvolleyballer auf der Donauinsel nicht am Sand. Sie hielten zäh durch wie das hitzeresistente junge Publikum. Auch 25 Wiener Autominuten westlicher, im Rapid-Stadion, werden die Temperaturen zumindest am sonnigen Ostrand des Spielfeldes ähnlich hoch sein. Wenn dort heute um 17 Uhr angepfiffen wird.

Parallel zum Wettschwitzen ist Wettsaufen angesagt. Die aktuellen Rapid-Hauptdarsteller rund um Dauerläufer Stefan Schwab trinken vor und nach den 90 Minuten so viel Wasser wie die einstigen Kickergrößen laut Trainervorschrift vor 50 Jahren in einer ganzen Woche ...

... als Rapid im heißen August als Titelverteidiger die Herbstsaison 1968 startete, die im Dezember mit dem Europacup-Triumph über Real Madrid sensationell ausklingen sollte;

... als man in Europa weder Beachvolleyball (wurde erst 1996 olympisch) noch Sonnenschutzfaktor 50 kannte;

... als mit Ausnahme der (durch Holzdachln verzierten) alten Hütteldorfer Pfarrwiese kein einziger Wiener Oberhaus-Fußballplatz über gedeckte Tribünen verfügte;

... als Schiedsrichter an (die heute im Sommer obligatorischen) Trinkpausen nicht einmal zu denken wagten;

... und als Dehydrieren selbst Trainerpromis im wahrsten Sinne ein Fremdwort war. So ließ der legendäre Ernst Ocwirk – wie sich Josef Hickersberger mit Schaudern erinnert – im Austria-Trainingslager pro Tag und Spieler nur ein einziges Glas Mineralwasser zu. Ocwirk hatte die vermeintliche Profiweisheit, wonach zu viel Flüssigkeit schädlich sei, von seiner Legionärszeit aus Italien mitgebracht.

Bei Rapid führten Ostblock-Feldwebel und der Kärntner Gerdi Springer ähnliche Trinkverbote ein. Widerspruch sinnlos. Doch Hopfen und Malz waren nicht verloren, ließen sich doch schlaue Kicker von willigem Personal nächtens kistenweise Kühles aufs Zimmer kommen. Braver Gehorsam war nicht ihr Bier. Vielleicht sogar ihr Glück: Den Geheimtrinkern blieben gesundheitliche Folgen erspart.

Kommentare