Paaradox: Leben mit der Sünde

Paaradox: Leben mit der Sünde
Süß und sauer. Das große Körperbewusstsein und der schmale Grat der Verführbarkeit.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Sie

Bitte, wie viel von dem, was Sie so schreiben, ist selbst erlebt?“, fragen manche. Ehrlich: So gut wie alles. Ja, so deppert sind wir. Ausgerechnet heute, als ich dachte, fix noch einmal, nix gewesen, keine Ahnung, was ich erzählen werde, ist Folgendes passiert: Ich gehe einkaufen und als ich bei der Kassa stehe, höre ich, wie ein Mann seiner Frau hinterher brüllt: Jetzt miass ma scho wieder so vül kaufn, I werd wahnsinnig mit dir. Danach legte er fünf Packungen Schwedenbomben in den Einkaufswagen. Herrlich, danke für die Inspiration.

Im Urwald

Wenn der Mann nebenan und ich in den Supermarkt gehen, dann unterscheidet uns eines: Ich habe einen Plan. Er hat keinen. Deshalb wandert er mit dem Einkaufswagen zwischen den Regalen herum wie einer im Urwald ohne Kompass. Wenn er wen anbrüllt, dann die Regale, weil er nix findet. Daher kauft er „aus dem Bauch heraus“  – also Sachen, wo er das Gefühl hat, wir (= er) bräuchte/n das  dringend: Schokowaffeln, Sportgummi,  Rumkugeln und alles, was sehr fett und sehr salzig ist. Unlängst verwies ich halblaut darauf, dass er ja nicht mehr im Bubenparty-Alter ist und einkaufen könne, was wir wirklich brauchen: Reiswaffeln, Magertopfen, Gemüse, Obst. Ich sah, dass er mich nicht verstand. Er wirkte wie in Trance, total gelähmt und verstört. Erst als ich zwei ganz neue Gewürze  aus dem  Genre „Asia-Küche“  erstehen wollte, wachte er wieder auf: Wozu brauch ma das jetzt wieder, wir haben doch schon genug von dem Zeugs! Pfeffer, Salz und ein bisserl Glutamat reichen doch, oder net?   Ich sagte nur: Ja, Hasi. Und war  insgeheim  froh, dass er sich trotz Anti-Zucker & Salz-Schock noch halbwegs artikulieren konnte.


 PAARADOX NEU: 15. 3. Bruno, 16. 3. Kottingbrunn, 22. 3. Bühne im Hof, St. Pölten, 29. 3. Bad Fischau

paaradox.at

eMail: gabriele.kuhn@kurier.at
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Er

Ich sag’ einmal so: Ich habe eine Sehnsucht nach Sünde. Die ist entweder sehr süß, sehr salzig oder sehr fettig, auf jeden Fall sehr ungesund. Worauf mich gnä Kuhn verlässlich hinweist. Was in mir stets den Gedanken entflammen lässt: Wie konnte ich einst ohne sie und ihr Credo Tipp-Tipp-Hurra überleben? Aber mein Argument lautet: Das, was für den Körper  nicht optimal ist, gleicht das Seelenwohl wieder aus. Diese Betrachtung verachtet sie und wirft so lange mit Ernährungsmantras um sich, bis ich erst  recht die Schokobananen hole. Und genau das ist einer der vielen Gründe, warum es  gilt, gemeinsame Ausflüge in den Supermarkt zu unterlassen. Weil’s auf Dauer anstrengend ist, zur Vermeidung von Diskussionen die Erdnusslocken so unter den Gemüsebergen zu verstecken, dass die Liebste den Sündenfall frühestens bei der Kasse bemerkt.

Heißhunger

Die kleine Besonderheit, die sie in diesem Zusammenhang jedoch mit Vorliebe verschweigt, ist ihre Partizipation an meinem Gusto-Vorrat. Die selbstverständlich heimlich stattfindet. Heißt: Ich schaue fern, denke an Snacks, entwickle Heißhunger, spaziere zur großen Naschlade und entdecke mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Schnittenpackerln und Chipssackerln, die ... wie von Geisterhand aufgerissen sind. Und vor allem nicht mehr so verschlossen wurden, dass ein nachfolgender Knusperer auch noch in den Genuss  unvertrockneter Ware kommen könnte. Dann rufe ich: „Das ist jetzt echt ein Skandal!“ Und sie sagt nur: „Armer schwarzer Naschkater“. Worauf ich sofort ihre geliebten Haferflocken verstecke. Weil: Rache ist wichtiger als Erwachsensein.

Solo „Abend mit einem Mannsbild“: 18. 5. Gmunden (Stadttheater), 21. 5. Wien (CasaNova)


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