Ti amo, oder?

Wenn Lieder lügen: Aus der losen Serie der großen Lebensenttäuschungen
Barbara Beer

Barbara Beer

Es war wie früher: Rote verhaberten sich mit Schwarzen und alle lauschten Italo-Schlagern. Ob der rote Bürgermeister und der schwarze Wirtschaftskammerpräsident beim Ball der Wiener Wirtschaft mitsangen, als Eros Ramazzotti „Adesso tu“ schmetterte, ist nicht überliefert. Ebenso wenig, ob sie dies vor zwei Jahren taten, als Umberto Tozzi ebendort „Ti amo“ beteuerte.

Einmal abgesehen davon, dass sich das mit dem „Ti amo“ über diverse Bundesparteigrenzen hinweg schon länger abgekühlt haben dürfte (über die Bundeshauptstadt weiß man diesbezüglich nichts Genaues), lassen jüngste Offenbarungen daran zweifeln, dass es zumindest Signore Tozzi jemals so gemeint hat. Der Künstler, der seit 45 Jahren einer gewissen „Gloria“ inbrünstig im Discotakt hinterher heult und behauptet, diese fehle ihm „wie Luft“, bekannte nun, dass es in seinem Leben niemals eine Gloria gab. Der Name klang bloß gut. 

Man ist jetzt wirklich drauf und dran, den Glauben an alles zu verlieren.