Sie ist wieder da
Noch vor den borstigen Allerheiligengestecken steht sie schon Mitte Oktober beim Supermarkt-Eingang und grüßt die Hereinkommenden mit ihrem langen, schmucklosen grünen Hals, an dem eine unscheinbare Knospe nicht vermuten lässt, was für eine überbordende Pracht hier demnächst explodieren wird.
Die aus Südafrika stammende Amaryllis hat sich vor ein paar Jahren bei uns als Weihnachtsblume etabliert und den Weihnachtsstern zwar nicht abgelöst, aber zeitlich übervorteilt. Dass sie schön ist, darüber braucht man nicht streiten. Dass alles immer früher kommt, dass nach Ostern nichts als vor Weihnachten ist, ist eine Binsenweisheit – originell wie Klagen über Lebkuchen im August. Schade ist es trotzdem, wie ein derartiges Luxusgeschöpf entwertet wird. Verramscht zwischen vom Spätsommer übrig gebliebenen Grillkohlesäcken und anderem Glumpert. Traurig und ein bisschen komisch. Wie ein Paillettenkleid, frühmorgens in der U6.