Die Kunst des Streitens
Was macht das österreichische Wesen aus? Ist es die Neutralität? („Da tritt der Österreicher hin vor jeden, denkt sich sein Teil und lässt die anderen reden“, um Franz Grillparzer zu zitieren.) Oder ist es das Skifahren, das immer im Herbst in Sölden den Winter eröffnet? Oder ist es die als Grant getarnte Gemütlichkeit respektive umgekehrt?
Österreich-Profis werden vielleicht sagen: Es ist die Kunst des Kompromisses, die wir besser beherrschen als alle anderen. „Wenn ich halbwegs intelligent bin, weiß ich, ich muss bei Teilbereichen auch nachgeben“, sagt der Schauspieler Erwin Steinhauer im KURIER-Interview und meint damit die Politik.
Die Fähigkeit zum Kompromiss, inklusive Spritzweintrinken im Anschluss, machte Österreich nach dem Weltkrieg erfolgreich. Irgendwann wurde der Kompromiss dann zum Dogma, oft stand sein Ergebnis schon fest, bevor unterschiedliche Positionen überhaupt fertig formuliert waren.
Heute brauchen wir vielleicht die Kunst des respektvollen Streitens: Andere Meinungen kann man auch als Bereicherung sehen statt als Zumutung.
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