Nur der Danzer hat das richtig gesagt

Junge Wiener haben eine eigene Art, zu sprechen. Ob das Wienererisch ist, weiß allerdings keiner.
Barbara Beer

Barbara Beer

Neulich, im „Häuserl am Stoan“. Sitzen drei Männer bei Bier und Schnitzel und reden, wie man früher in Simmering geredet hat: Wienerisch. Ihre Töchter, ebenfalls am Tisch, essen nicht nur kein Schnitzel, sondern reden auch kein Wienerisch. Gut, denkt man sich, vielleicht sind sie ja nur zu Besuch bei den Papas und reden deshalb, als stammten sie aus Nordrhein-Westfalen.

Schauplatzwechsel vor eine x-beliebige Wiener Schule. Egal, ob in Döbling oder der Donaustadt: Hört man Kindern und Jugendlichen zu, bekommt man den Eindruck, Bundesdeutsch sei hier jetzt Amtssprache.

Wenn dieser zugegebenermaßen persönliche Eindruck einer wissenschaftlichen Untersuchung standhält, wird das über kurz oder lang die Kollegen von den deutschen Medien in die Bredouille bringen. Denn es ist ja deutscher Nationalsport, vermeintlich „österreichisches“ Idiom nachzuahmen. Und es geht, wie wir nicht erst seit Thomas Gottschalk wissen, immer daneben (trotz aller Bemühungen von Wanda und Co.).

So wurde unlängst in einer süddeutschen Tageszeitung behauptet, ein Wiener habe einen Deutschen mit den Worten „Du bist ja oaner von uns“ eingemeindet. Nun gab’s traditionell in Wien von Floridsdorf bis Hietzing mehr als 23 verschiedene Dialekte (jedem Grätzel sein eigener Ton), doch die Aussprache „oaner“ für das Wort „einer“ fand sich nie darunter. „Oaner“ heißt in Wien „ana“, wie im Danzer-Song „Ane so wie di“.

Kulturpessimismus (und dazu gehört die Sorge um das Wienerische) ist die Lieblingsjammerei vieler Kolumnisten.

Germanisten versichern: Junge Wiener haben sehr wohl eine eigene Art, zu sprechen. Das Wienerische wird immer einen eigenen Sound haben, Mundls Mundart ist allerdings schon längst am absteigenden Ast.

Man kann, muss das aber nicht traurig finden. Dass man jungen Wienern ihre Herkunft aus Arbeiter- oder Nobelbezirken nicht mehr anhört (und längst nicht mehr ansieht), kann man auch als eine Form von Demokratisierung sehen. Ein bisserl jammern geht aber immer.

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