Mit allen Wassern gewaschen

"Tagebuch": Der 71-fache Ruder-Champion Raimund Haberl ist eben nie aus einem brennenden Ferrari gezogen worden.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Gestern wurde Gerhard Berger 60. Morgen, am 29. August, wird eine Sportlegende aus einem ganz anderen Metier 70 Jahre alt – und nicht annähernd medial so abgefeiert wie Berger, dem der ORF anlässlich seines Geburtstages eine mehrstündige Doku widmete. Der 71-fache Ruder-Champion Raimund Haberl ist eben nie aus einem brennenden Ferrari gezogen worden. Er hat nicht zehn Formel-1-Rennen gewonnen. Und er brachte es in der Yellow Press nie in die Poleposition. Obwohl es auch über Haberl Ungewöhnliches zu erzählen gibt:

So ließ er einmal im seinerzeit bei den ORF-Sehern sehr populären Sporthilfe-Mehrkampf die damals jungen Publikumslieblinge Franz Klammer und Toni Innauer alt aussehen, indem er unter anderem 36 Klimmzüge schaffte. „Ich war der falsche Sieger.“ Bezeichnenderweise habe er durch den Juxbewerb mehr Bekanntheit als durch seine Ruder-Erfolge erlangt. Obwohl diese beeindruckend waren.

Haberl wurde zwei Mal Weltmeister im Leichtgewichts-Einer. Zu einer Zeit, zu der die Leichtgewichtler nicht olympisch waren. Worauf Haberl den Vergleich mit den schwersten Burschen wagte und trotz 25 Kilo Untergewicht bei Olympia 1984 in Los Angeles den achten Platz erruderte. Was auf den aktuellen Wintersport umgelegt fast so war, als würde Skispringer Stefan Kraft bei der Hahnenkammabfahrt unter die Top Ten sausen.

Der vielseitige Haberl schnappte auch einmal Leichtathleten im Crosslauf einen Wiener Meistertitel weg. Dabei wäre er am liebsten Fußballer geworden. Er spielte beim SC Brunn im Mittelfeld, bis ihm das seine Eltern untersagten, weil sie vermuteten, dass die Kickerei schuld an dem einen oder anderen Dreier bei Schularbeiten sei. „Komisch, das Rudern haben sie mir nicht verboten.“

Professor Haberl

Lange kann das Tief im Studium nicht angehalten haben. Zu perfekt gelang der Spagat zwischen Sport und Wissenschaft. An der Hochschule für Bodenkultur leitete Universitätsprofessor Haberl bis zu seiner Pensionierung das Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz. Somit ist’s naheliegend, ihn zu fragen, ob wohl der Menschheit bereits das Wasser bis zum Hals stehe.

Ja, meint Professor Haberl als TV-Zeuge der weltweiten Umweltsünden. Nein, antwortet er auf Wiens Wasser angesprochen. „Wir haben von allen Großstädten das beste der Welt. Und wir verbrauchen maximal sieben Prozent der verfügbaren Kapazität.“ Auch der zuweilen heraufbeschworene Wasser-Ausverkauf sei billige Panikmacherei.

„Dort, wo Wasserknappheit herrscht, etwa in Portugal, kommt Entsalzen des Meerwassers billiger als Wasserimport aus Österreich“, sagt Professor Haberl, ehe er sich wieder aufs Wasser begibt.

Auf der Alten Donau trainiert er täglich für das Senioren-Masters in Ungarn.

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