Liebe, Herz und Tacka Tacka

"ÜberLeben": Wenn die Liebe mit der Badner Bahn entflieht. Manchmal werden Handy-Gespräche zu kleinen Tragödien, denen man sich kaum entziehen kann.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Unlängst saß ich in der Badner Bahn und fuhr den Verheißungen eines neuen Jahres entgegen. Mir gegenüber saßen zwei ältere Damen und blickten auf die traurige Triester Straße.

Die eine: „Da worn friara so vü soiche ... Nockat-Heisa.“
Die andere: „Du manst Puffs.“
Die eine: „Jo.“
Die andere: „Gibt’s a nimmer.“
Die eine: „Schod.“

Viele schimpfen über die Badner Bahn: Zu schmutzig, zu heiß, zu langsam. Ich mag sie sehr. Erstens holt sie mich nahezu von meiner Wohnungstüre ab und bringt mich zu sehr schönen Begegnungen, zweitens ist sie ein großartiges Unterhaltungsprogramm. Und manchmal auch mehr.

Es ist schon einige Zeit her, da saß in der Badner Bahn eine sehr junge Dame und telefonierte mit dem Mann ihres Herzens. Die Konversation drehte sich um die Frage, ob sie auch die Frau seines Herzens sei oder ob dort auch andere Platz suchten und fänden, oder anders ausgedrückt: Ob er nur mit ihr „Tacka Tacka“ mache oder auch mit einer oder mehreren anderen.

Das Gespräch dauerte 13 Stationen, sie sprach sehr viel, er antwortete offenbar nur unwillig und -wirsch. Die Menschen im vollen Waggon konnten gar nicht anders, als zuzuhören, und lächelten. Kurz vor der Station Wiener Neudorf stellte sie die entscheidende Frage: „Sag mir jetzt endgültig, liebst du mich oder nicht? Wenn nicht, dann ist es aus für immer!“ Die Antwort schien ihr nicht zu gefallen, denn sie wiederholte die Frage drei Mal. Dann legte sie das Handy weg und begann bitterlich zu weinen. Und den Menschen im Waggon fiel es auf einmal sehr schwer, nicht mitzuweinen.

Ich hoffe, die junge Dame sitzt 2019 wieder einmal in der Badner Bahn, strahlend wie ein Atomkraftwerk, und flüstert via Handy mit einem, der Liebe, Herz und Tacka Tacka verdient hat. Es sei ihr gegönnt, und allen anderen auch.

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