Der Lockruf des Zwiebacks

"ÜberLeben": Geschmack der Kindheit - Risipisi, Grießkoch und Kochsalat.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Mögen Sie Zwieback? Ich liebe Zwieback.

Unlängst hatte ich eine Erkrankung, die beide Enden meines Stoffwechselsystems lecken ließ, Auspuff und Einfüllstutzen. Details erspare ich Ihnen und mir, das hier ist ja keine aserbaidschanische Problem-Dokumentation auf ARTE, die nächstes Jahr den Auslands-Oscar gewinnt, sondern eine halbwegs stubenreine Kolumne. Jedenfalls sah ich mich genötigt, ein paar Tage lang nur Zwieback mit Cola zu mir zu nehmen. Und sofort fühlte ich mich wohlig an meine Kindheit erinnert.

Denn der Geschmack von Zwieback wird für mich für immer mit dem Gefühl verbunden sein: Es ist schon besser, es wird wieder, bald bin ich gesund, aber noch darf ich ein, zwei Tage im Bett liegen und fernsehen.

Sie kennen das sicher: Es gibt Geschmackseindrücke, die bedeuten „Kindheit“, obwohl die damit verbundenen Speisen nie wieder so gut geschmeckt haben wie damals: Fischstäbchen, zerdrückt und im Kartoffelpüree verrührt (so hab ich sie gegessen). Risipisi. Palatschinken. Oder das erste Essen, das ich selbst zubereiten konnte: Grießkoch. Man musste ununterbrochen rühren und Himbeersirup hineingießen. Heute interessiert mich das nicht mehr, damals war es für mich das Beste, was es gibt. Besser jedenfalls als die Alternative, das salzlose getrocknete Gemüse, das es bei meinem besten Freund gab. Meine Mutter war berufstätig, seine eine frühe Querdenkerin.

Es gibt auch einen Kindheitsgeschmack, bei dessen Vorstellung sich meine Peristaltik umkehrt: Kochsalat. Ich mochte Kochsalat nie, musste aber ständig welchen essen, weil er  als unschlagbar gesund galt.

Einmal sagte ich meiner Mutter, ich fühle mich krank, sie hielt das für eine Ausrede und wies mich an, den Kochsalat ohne Widerrede zu essen. Details erspare ich Ihnen und mir, denn das hier ist ja ... (siehe oben). Ich sage nur so viel: Der Teppich im Vorzimmer hat bis heute einen grünen Fleck.
 

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