Herzsichtigkeit

"Ohrwaschl": Der Anspruch, in der heutigen Politik "mit dem Herzen schauen" zu wollen, klingt fast weltfremd
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Es war  einmal ein Bundeskanzler, der las sehr gern „Der kleine Prinz“. Darin heißt es: „Man sieht nur mit dem Herzen gut …“ Womit dieser Kanzler einst gut sah, wissen wir nicht genau, vermutlich mit der dezenten Brille, die er stets trug und die ihm einen scharfen Blick verlieh. Oft schien es aber, dass das Wesentliche für sein Herz unsichtbar blieb. Vielleicht war sein Herz kurzsichtig und hatte dafür keine geeignete Brille.

Es will einmal eine Bundeskanzlerin sein, die sagte gestern zu ihrer Partei: „Wir müssen mit dem Herzen schauen …“ Womit diese Kanzleramtsanwärterin tatsächlich schauen wird, wissen wir noch nicht. Eine Brille trägt sie so gut wie nie, glücklicherweise auch keine rosarote. Dennoch klingt ihr Anspruch, Politik mit dem Herzen machen zu wollen, im Jahr 2018 fast weltfremd.

Denn misst man die echten Herztöne in der Politik, ist man geneigt, einen Herzschrittmacher anzufordern. Oder Kontaktlinsen für alle kurzsichtigen Politikerherzen.

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