Günz-Mindel-Riss-Würm Himmelfreundpointner.

"ÜberLeben": Auswendiglernen - ein Horror.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

333, Issos Keilerei. Haben Sie auch noch diese Bildungssplitter aus Schultagen im Innenohr stecken? 753, Rom schlüpft aus dem Ei. Ab, ex, de, cum, sine, pro, prae. Feldspat, Quarz und Glimmer, die drei vergess ich nimmer.  Ich weiß auch noch die vier Eiszeiten: Günz, Mindel, Riss und Würm. Die werde ich nie vergessen, weil ich die Namen so herrlich blöd finde. Heute müssen Kinder froh sein, wenn sie nicht auf einen dieser Namen getauft werden (Leopoldus Günz Müller, Marc Aurel Würm Meier) oder auf alle gleichzeitig: Günz-Mindel-Riss-Würm Himmelfreundpointner.

Niemals Wasser in die Säure, sonst passiert das Ungeheure! Keine Ahnung, was dann passiert, es klingt jedenfalls verlockend. Ich weiß auch noch, dass es die Benrather Linie gibt, weiß aber nicht mehr, wofür die eigentlich gut ist, ich glaube, sie trennt Lautverschiebungs-Zonen.

Früher fiel mir das Auswendiglernen so leicht. Bis heute kann ich noch die halbe „Bürgschaft“, Teile von „Die Kraniche des Ibykus“ und den ganzen „Erlkönig“.  Bis heute kann ich auch noch: „Die Sonne tönt nach alter Weise/In Brudersphären Wettgesang/Und ihre vorgeschriebne Reise/Vollendet sie mit Donnerklang.“ Unsere Deutschlehrerin ließ uns damals den „Prolog im Himmel“ aus Goethes „Faust“ auswendig lernen, wir fanden den Text elendig fad und hatten keine Ahnung, was ein „Brudersphären Wettgesang“ sein sollte, und aus Protest lernten wir stattdessen den berühmten Monolog: „Habe nun, ach! Philosophie, Juristerei, Medizin, und leider auch Theologie...“

Was ich eigentlich sagen wollte: Seit sechs Wochen versuche ich, den Text für mein neues Kabarettprogramm auswendig zu lernen, und ich kann ihn mir nicht merken, dabei ist er gar nicht so schwer und eindeutig nicht von Goethe.

Im September ist Premiere, und falls ich auf der Bühne sage: „Günz, Mindel, Riss und Würm, durchaus studiert mit heißem Bemühn’“, dann darf es niemanden wundern.

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