Gourmet-Trends: Wann kommt der Zahnstocher-Sommelier?

"ÜberLeben": Über Wein-Sommeliers, Brot-Sommeliers, Wasser-Sommeliers, Servietten-Sommeliers, Klopapier-Sommeliers ...
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Als ich ein Kind war, gingen die Eltern mit mir manchmal ins Wirtshaus. Es gab dort einen Ober, was eine gewagte  Bezeichnung darstellte, denn er war allein, hatte also keinen Unter, er war angemessen schlecht gelaunt, hatte einen Bleistift hinter dem Ohr, zu essen gab es Schnitzel paniert oder Schnitzel natur, und die Weinauswahl umfasste drei Sorten: Rot, Weiß und wollen S’ nicht lieber ein Bier?

Dann kamen die hedonistischen Achtzigerjahre und der Weinskandal – und damit die bisher in Österreich unerhörte Idee, dass Wein nicht nur wirken, sondern vielleicht sogar schmecken kann (obwohl, ein bisschen Selbstbetrug ist da auch immer dabei – ich trink ja nur wegen des Geschmacks, hicks!).

Und plötzlich gab es den vorher eher exotischen Berufsstand des Weinkellners. Jedes Wirtshaus hatte auf einmal einen solchen, in Wirtshäusern, die Restaurants sein wollten, nannte man ihn „Sommelier“.

Und je mehr teures Bauchanfüllen zum Statussymbol auch der Mittelschicht wurde, umso mehr griff das Sommelier-Wesen um sich. Es gab bald Käse-Sommeliers, Brot-Sommeliers, Wasser-Sommeliers, Kaffee-Sommeliers,  Tee-Sommeliers. Ein Wunder eigentlich, dass in den Haubenlokalen noch keine Servietten-Sommeliers, Klopapier-Sommeliers und Salz-Sommeliers Dienst tun. Und es wäre keine Überraschung, würden sich bessere Würschtelstände demnächst Käsekrainer-Sommeliers, Pfefferoni-Sommeliers und Scherzl-Sommeliers leisten.

Im KURIER habe ich gelesen, dass es in wirklich guten Restaurants inzwischen eigene Experten für das Zubereiten der Eiswürfel gibt – denn jeder Drink braucht seinen ganz speziellen Eiswürfel. Der Job des Eiswürfel-Sommeliers ist also hiermit kein satirisches Sujet mehr, sondern Realität.

Als nächstes tippe ich übrigens auf die Einführung des Berufsstandes Zahnstocher-Sommelier. Es gibt ja Leute, die lutschen gerne den ganzen Tag an sowas herum – die brauchen dringend professionelle Betreuung.

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