Die neue Wirrklichkeit

Das Halbwissen lauert inzwischen überall und ist oft gefährlicher als blankes Nichtwissen.
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Ein gefährlicher Trend ist derzeit das Brillieren mit Halbwissen. Denn, was Halbwissende nicht wissen können: Oft ist das Wissen, nichts zu wissen, und daher Fragen zu stellen, wesentlich weniger gefährlich, als die Überzeugung, allwissend zu sein, und halb gare Antworten parat zu haben. Jüngstes Beispiel ist eine Sicherheitsbefragung unter Wanderern, die zeigt, dass viele zwar wissen, ob sie auf einer blauen, roten oder schwarzen Route unterwegs sind, jedoch keine Ahnung haben, welche Anforderungen damit verbunden sind.
Doch das Halbwissen lauert inzwischen überall: Irgendwo rasch ein paar Informationen aufgeschnappt, aus dem Kontext gerissen – schon fühlt man sich als Leerbeauftragter und teilt anderen die eigenen Wissenslücken gerne lautstark mit. Da kommt die Wissenschaft nicht mehr nach. Denn die macht keine halben Sachen. Bis jedoch eine Erkenntnis wissenschaftlich als gesichert gilt, haben halbseidene Viertelexperten meist schon längst ganze Arbeit geleistet und ihre Wirrheit als Wirrklichkeit verkauft, der viele Halbgebildete gerne aufsitzen.

 

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