"Früher ist out"

"Ohrwaschl": Österreich braucht Künstler, die viel können – nur nicht den Mund halten und sich ducken
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Der sehr, sehr besondere Schauspieler Ignaz Kirchner ist tot. Ein Verlust, auch wenn Kirchner selbst sagte: „Wenn Schauspieler tot sind, sind sie tot. Von wegen Nachwelt! Höchstens drei Monate lang flicht die Nachwelt noch Kränze. Aus!“ Möge es nicht aus sein.

Ein Land, dessen Vizekanzler einst die Kunstförderung infrage stellte; ein Land, dessen größte Oppositionspartei akut dadurch auffällt, dass man den Ausdruck „der ist jemand, der jedes große Shakespeare-Zitat in fünf Sprachen auswendig kennt“ als Parteifreund-Beschimpfung verwendet, – so ein Land braucht Künstler, die viel können, nur nicht Mund halten und sich ducken.

Ignaz Kirchner war so ein Mutiger, ein Antreiber. „Früher ist out“, sagte er – und forderte neue Wege statt nostalgischer Wehmütigkeit. Gern zitierte er Polgar, der den Österreichern 1926 attestiert hat: „Ein Volk, das mit Zuversicht in die Vergangenheit blickt.“ Ein großer In-die-Zukunft-Blicker ist Vergangenheit. Möge man ihm länger als drei Monate Kränze flechten.

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