Die Zwei von der Josefstadt

Sehr geehrtes Kulturamt!
Mit Bestürzung habe ich in dieser Woche vernommen, dass es im Theater in der Josefstadt nicht nur bald einen Direktionswechsel gibt, sondern dass auch die Schauspielerin Sandra Cervik nicht im Ensemble bleiben darf. Nur weil sie die inszenierende Gattin des Chefs ist? Was ist denn das für ein Negativ-Nepotismus? Ich beantrage, dass in der Josefstadt alles immer so weitergeht wie bisher und das „first couple“ auf alle Zeiten bleibt. Das wäre eine Entschädigung für so viele enttäuschende Abende in anderen Häusern in dieser Saison.
Mit hoffnungsvollen Grüßen,
T. D. (Besucher seit 1965)
Sehr geehrter T. D.,
vielen Dank für Ihren Antrag, dessen Erhalt wir hiermit bestätigen (Geschäftszahl 08/2026). Ihr Schreiben spricht so viele wichtige Punkte an, dass es wir zusätzlich auf unserer schwarzen Amtstafel aushängen.
Da wäre zunächst der Direktionswechsel. Leider können wir diesbezüglich Ihre Ansicht nicht teilen. Jede Kulturinstitution, sogar das Theater in der Josefstadt, braucht alle paar Jahre einen frischen Blick auf das Genre. Das hat man zuletzt am Burgtheater gesehen, wo es anfänglich neuen Elan zu geben schien. Das wird man hoffentlich am Volkstheater sehen, wenn es wieder aus dem Schmollwinkerl zurück ins Leben der Besucher tritt. Vermutlich wird auch Aslı Kışlal für einen angemessenen Neustart im Theater der Jugend sorgen – es wird uns versichert, sie wisse genau, was an einem Haus zu tun sei, das jahrzehntelang von ein und demselben Mann besetzt war. Intendantenwechsel sind essenziell für die Weiterentwicklung, das sagen wir nicht nur, weil wir unsere Jurys beschäftigen wollen.
Zur Ihrem zweiten Punkt, der Beziehung der das Haus Verlassenden: Es ist etwas unfair, Frau Cervik als Musterbeispiel für Nepotismus zu nennen, sie war dort schon vor seiner Intendanz. Allerdings ist die Spezialität, dass Funktionsträger im subventionierten Kulturbereich am eigenen Haus mit ihren Partnern arbeiten (übrigens auch am Burgtheater und demnächst in St. Pölten), ein Beweis, wie sehr berufsethische Parameter abhanden gekommen sind. Und seit vielen Jahren ändert sich nichts.
Geschätzter T. D., wir respektieren Ihr Ansinnen, dass an der Josefstadt alles bleiben möge wie bisher. Damit sind Sie nicht alleine, das war schon unter Otto Schenk und Helmuth Lohner so (auf anderer Flughöhe). Dennoch müssen wir in Abwägung aller Punkte Ihren Antrag ablehnen. Gut, dass in einem Jahr der Direktor geht. Noch besser, dass der Arme nicht alleine weg muss.
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