Die Sprache ist die Seele einer Region

Kabarettist Paul Pizzera
Der Begriff Heimat ist für mich ein sehr ambivalenter, da er einerseits klebrig-stumpf, aber auch sehr schön gelebt werden kann. Wie Gert Steinbäcker schon so treffend konstatierte: "... an dem Wort klebt vü Bluat, vü dummer Stolz und der Nazi-Mief, nur i hob do meine Wurzeln...". Ich bin nicht stolz auf Berge und Seen ("Wo woa mei Leistung?"), aber dankbar und nehme meine Herkunft immer als glückliche Fügung wahr.
Steiermark oder Heimat bedeutet für mich Hafen, Homebase und positive Gewohnheit, die mich stärken, stützen und stimmen kann, wenn ich und meine Gitarre wiedermal etwas atonal unterwegs sind. Wie ein lieber Onkel, auf dessen Schoß sich immer ein Platz für die Probleme und Anliegen seiner Nichten und Neffen findet.
Die Sprache ist die Seele einer Region oder eines Landes und ich finde, dass kein österreichischer Dialekt auch nur ansatzweise dem Steirischen das Wouussa reichen kann. Aber auch hier herrscht wieder eine gewisse Dichotomie: Wenn man sich "kalt&kälter" von STS anhört und im Refrain das so oft zitierte steirische "üüü" vernimmt, welches im Satz "owa des wüüü i net..." verpackt ist, weiß man, dass es in keinem anderen Dialekt jemals so viel Herz in einem einzigen Umlaut gegeben hat.
Dem gegen-ü(üü)bergestellt sind Phrasen wie "scho amol vo ana Tetschn gspiebm?" – was die Frage aufwirft, ob das Gegenüber in seinem bisherigen Leben bereits in den Genuss gekommen sei, vom Effekt einer stattlich ausgeführten Ohrfeige durch die Seekrankheit übermannt worden zu sein – weniger sympathiefördernd, wenn auch von einem gewissen, rustikalen Charme ummantelt. Ich hoffe, dass meine Heimat für die Menschen zu einer neuen wird oder bereits eine alte ist, die verstehen, dass der Verlust derselbigen jeden von uns treffen kann.
Der Kabarettist
Paul Pizzera ist, alternierend mit Kollegen, regelmäßig Autor dieser Kolumne.
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