Die Parabel von Spalt und Keil

Nie ist es so leicht und gleichzeitig gefährlich, einen Keil in eine Gesellschaft zu treiben, wie in Zeiten der Krise
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Es ist Zeit. Zeit, Lehren zu ziehen. Seit 2016 durfte die Welt einer surreal anmutenden Parabel zusehen: Der Parabel vom Spalt und dem Keil, die am Mittwoch in Washington D.C. offenbarte, wohin es führt, wenn man in eine bereits gespaltene Gesellschaft den breitest möglichen Keil treibt, wenn man das Trennende zur treibenden Kraft macht.

Eine mögliche Lehre für alle Zuschauer daraus: Es ist Zeit für radikalen Respekt und Zusammenhalt, jetzt. Oder muss sich Realpolitik weiterhin tagtäglich an Gegensätzen abarbeiten und aufreiben, während eine Pandemie ohnehin schon an den Kräften zehrt?

Strikt konstruktiv und pragmatisch, über Parteigrenzen hinweg, Lösungen zu finden und gemeinsam zu tragen, ist unbequem, anstrengend und wirft für politische Selbstkoalierer sicher nicht den höchsten persönlichen Nutzen ab, wohl aber den höchsten kollektiven Nutzen. Es geht dabei nicht um ideologische Wellnessgymnastik mit parlamentarischem Sitzkreis oder um Lippenbekenntnisse, sondern um die harte Arbeit der politischen Annäherung, die – am Ende der Legislaturperiode – doch von Nutzen sein könnte für jene, die mitarbeiten. Denn ein Keil ist immer schnell zur Hand. Und ein Spalt ist in Zeiten der Krise sowieso unvermeidlich.

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