Der Tag, an dem ich die Kinder feiere

Der Tag, an dem ich die Kinder feiere
Muttertag? Nett. Aber jetzt bin ich Oma – und weiß: Das wahre Geschenk sind die Wiederholungen mit weniger Verantwortung.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Sonntag. Die Floristen rotieren, die Schnitzel werden knapp, und irgendwo in einer Küche steht ein Kind auf Zehenspitzen, um einen Kuchen zu backen – mit viel Liebe und Mehl am Boden.

Muttertag also. Ein Tag, an dem Mütter für ihr „Muttersein“ gefeiert werden. Für das Trösten, das Tragen, ihr Immer-da-Sein. Und das Durchhalten, im Sinne eines: Ich liebe dich eh, auch wenn du mir gerade den Karottenbrei ins Gesicht gespuckt hast. Schön. Und rührend. Und dennoch habe ich einen anderen Blick auf die Sause. Weil, ehrlich: Ich hab’s freiwillig getan.

Es gab keinen Vertrag, keine Castingrunde, nicht einmal Gruppenzwang. Sondern Liebe, Überzeugung – und ein bisserl hormonellen Leichtsinn. Und jetzt soll ich beklatscht werden, weil ich Schnuller sterilisiert, Hausaufgaben betreut und die Gute-Nacht-Geschichte bitte noch ein Mal, Mama gelesen habe?

Dankbar – jeden Tag

Hand aufs Mutterherz: Das war mein Job. Selbstgewählt. Ein schöner noch dazu. Wenn hier jemand Applaus verdient, dann sind es meine Kinder. Dafür, dass sie mich in meiner Rolle glänzen ließen. Dass sie trotz meiner pädagogischen Experimente wunderbare Menschen geworden sind. Und dafür, dass sie mich nicht für die Hirselaibchen verklagt haben, die ich ihnen lange als „Burger“ verkauft habe. Ich bin es also, die dankbar sein darf – nicht sie. Jeden Tag. Auch am Dienstag. Oder an einem Donnerstag im November.

Und nun bin ich Großmutter. Eine Rolle, die alles ist, nur keine Wiederholung. Neue Staffel, neue Folgen, anderes Drehbuch. Es fühlt sich großartig an – leichter und freier. Und wieder dieses einzigartige Gefühl: Was für ein Glück. Was für ein Geschenk. Diesmal aber: weniger Druck. Das Staunen bleibt: Welch unglaubliches Wunder, das da plötzlich wieder in meiner Nähe gluckst, wächst – und lacht. Muttertag? Ach, sollen andere feiern. Ich feiere einfach so. Still und dankbar. Mit Blick auf kleine Finger – und meine Familie.

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