Das Maß ist voll

"Tagebuch": Die Champions League gilt als Maß aller Dinge. Doch sie ist Segen und Fluch zugleich.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Wenn ein Austria-Tormann Morddrohungen erhält, Chaoten sich ihre vermummten Köpfe einschlagen und Vereinsverantwortliche verniedlichende Phrasen bevorzugen, ist das ein Skandal. Einer, der nach gnadenloser Aufklärung schreit. Wenn unbequeme, quer durch Europa vernetzte Ultras gegen den Kommerz im Fußball protestieren, dann indes ist ihr Unmut nachvollziehbar.

Die Champions League, in der Österreich dank der Europa-League-Erfolge von Salzburg (und jüngst Rapid) ab 2019 ein Fixplatz winkt, gilt als Maß aller Dinge. Doch sie ist Segen und Fluch zugleich. Man muss kein Hellseher sein, um schon jetzt sechs der letzten (= besten) Acht vom Frühjahr zu erraten. „Ich werde sogar mit 14 von 16 richtig liegen“, sagt Georg Pangl. Der Burgenländer ist Geschäftsführer der europäischen Ligen, ständig im Ausland unterwegs. Und entsetzt über das immer größer werdende, mutwillig inszenierte Auseinanderdriften zwischen Arm und Reich. Oder wussten Sie,

dass Real allein wegen 45 Jahre zurückliegender Erfolge 35 Millionen Euro extra und jährlich aus dem Champions-League-Topf überwiesen werden? Dass Trainer Pep Guardiola bei Manchester City über ein jährliches Spielkapital von einer Milliarde verfügt? Dass Barcelonas Lionel Messi, der sich vor sieben Jahren mit vier Millionen pro Saison begnügte, jetzt 40 erhält? Und dass 15 Klubs drei Mal so viele Euro-Millionen erhalten wie die restlichen 700 Europas zusammen?

Die Top-Klubs hatten (unter der schlauen bayrischen Regie von Karl-Heinz Rummenigge) in der präsidentenlosen Zeit der Europäischen Fußball-Union (Sperre von Michel Platini) „Ehrenamtliche“ des Exekutivkomitees zur Reform überrumpelt. Denen jetzt mit 120.000 Euro Pension gedankt wird.

Noch nimmt der Konsument hin, dass quer durch Europa immer dieselben (Bayern, Paris, Juve, Real, Barça, Manchester) dominieren; noch werden jugendfeindlich späte Anspielzeiten (21 Uhr) akzeptiert; noch lassen sich öffentlich-rechtliche Fernseh-Anstalten ausbremsen und Pay-TV-Sender unverschämt melken. Noch.wolfgang.winheim

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