Gute Cafés sind urbane Dorfwirtshäuser

Das Kaffeehaus und der Dorfwirt haben mehr gemeinsam, als man glaubt.
Wolfgang Kralicek

Wolfgang Kralicek

Vorigen Sonntag wurde Christina Hummel, die das Café Hummel im 8. Bezirk betreibt, im KURIER ("Salon Salomon") interviewt. Die Josefstadt, der kleinste Bezirk Wiens, sei ein Dorf in der Stadt, sagte sie. "Und wir sind der Dorfwirt am Dorfplatz." Als der Chef das las, lachte ihm das Herz. Genau das strebt er nämlich auch mit dem Café Kralicek an: das Kaffeehaus als Dorfwirt.

Nicht alle Stammgäste sind seiner Meinung. Manche finden, der Unterschied zwischen diesen beiden gastronomischen Institutionen könnte gar nicht größer sein. Das Kaffeehaus ist für sie Inbegriff der urbanen, weltoffenen Lebensart; der Dorfwirt Symbol für Provinzialität und Stammtischparolen. "Das ist ungerecht", entgegnet der Chef. "Die meisten Dorfwirtshäuser, die ich kenne, sind keine Brutstätten dumpfer Ressentiments, sondern lebendige Orte, an denen verschiedenste Gruppen der Gesellschaft zusammenkommen. Manchmal reden sie sogar miteinander. Das macht die Wirtshäuser auch zu politischen Orten. Und genau so stelle ich mir auch ein Kaffeehaus vor."

Es kann nur eines geben

Noch etwas haben Café und Dorfwirt gemeinsam: Sie sind nicht ein Lokal unter vielen, sie sind das Lokal. Man überlegt sich nicht Tage im Voraus, wann man zum Dorfwirten oder ins Café geht, man geht einfach hin. Reservieren? Das wäre ja noch schöner.

Mindestens einen Unterschied gibt es aber schon: Im Kaffeehaus wird deutlich mehr Kaffee getrunken als beim Dorfwirt. Aber das zweitbeliebteste Getränk im Café sei dann eh schon Bier, sagt Christina Hummel. So, wie sich das für ein Dorfwirtshaus gehört.

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