Haben die nichts zu tun?

Was machen all die Menschen im Kaffeehaus eigentlich beruflich?
Wolfgang Kralicek

Wolfgang Kralicek

Wer unter der Woche ins Café Kralicek kommt, sagen wir um halb zehn in der Früh, findet in der Regel ein gut besuchtes Lokal vor. Die Menschen sitzen entspannt bei Melange und Buttersemmerl, studieren die Tageszeitungen oder unterhalten sich angeregt. Ein Bild für Götter, genau so stellen sich viele den perfekten Vormittag vor.

Das Idyll wird nur von einer profanen Frage getrübt: Was machen all die Menschen um diese Zeit im Kaffeehaus, haben die nichts zu tun?

Zehn Prozent sind Touristen. Zehn Prozent sind Einheimische, die einen freien Tag haben. Weitere zehn Prozent sind Schülerinnen und Schüler, die zumindest behaupten, dass sie gerade eine Freistunde überbrücken. Und der große Rest?

Das Café als Home

Viele Gäste sind selbstständig und können sich ihre Zeit selbst einteilen. Zwar verdienen die meisten Freiberufler eigentlich nicht gut genug, um sich die vielen Kaffeehausbesuche leisten zu können, aber bevor sie aufs Café verzichten, verkaufen sie lieber ihren Sportwagen, ziehen in eine kleinere Wohnung oder reduzieren das Taschengeld ihrer Kinder. Manche Gäste sind zwar fest angestellt, arbeiten aber oft im Home Office. Inwiefern das Café als "Home" gelten kann, wird von den Juristen unter den Stammgästen lebhaft diskutiert; manche tüfteln insgeheim schon an ihren Plädoyers für einschlägige Musterprozesse vor dem Arbeitsgericht.

Und dann gibt es noch die wahren Kaffeehausgeher. Die verstehen das Problem nicht, weil ihnen nie in den Sinn kommen würde, die im Café verbrachten Stunden als "Nichtstun" zu bezeichnen.

Kommentare