Was ist eigentlich ein Caffè Latte?
"Gibt’s im Café Kralicek einen Caffè Latte?", fragt Stammgast Kurt scheinheilig. "Nein, warum?", antwortet der Chef misstrauisch. Herr Kurt hat in der Süddeutschen gerade einen Text gelesen, in dem sich der deutsche Schriftsteller und Literaturkritiker Michael Maar über Phrasen wie den aus dem Englischen ("Thank you for sharing") übernommen Dank fürs "Teilen" und Modewörter wie "proaktiv" mokiert.
Witzigerweise kommt in seiner Argumentation auch das Kaffeehaus vor: "Kleine Sünden bestraft nicht nur der liebe Gott, sondern auch der Wiener sofort", schreibt Maar. "Wer in einem Kaffeehaus einen ,Caffè Latte‘ bestellt, muss damit rechnen, dass der Ober ihn mit einer Geste zur Tür weist: ,Und scho samma wieder draußen!‘ Bei einer Melange oder einem Kaffeetscherl hätte er das Gewünschte höflich serviert."
Melange im Glas
"Was ist das überhaupt, ein Caffè Latte?", fragt Gast Günther in die Runde. Er meint das vollkommen ernst, er weiß es wirklich nicht. "Eine Melange im Glas", sagt eine. "Der Aperol Spritz unter den Kaffees!", meint eine andere. "A Müch mit Kaffee!", ätzt ein Dritter. Nur der Chef bleibt sachlich. "Ein Latte ist ein Milchkaffee. Und den gibt es natürlich auch bei mir."
Modewörter zeichnen sich dadurch aus, dass sie etwas bezeichnen, wofür es längst einen Namen gibt. Mit anderen Worten: Sie sind unnötig. Unlängst ließ ein Gast den Weltmann raushängen, indem er den Spezialtoast auf Französisch ("Croque Monsieur") bestellte. Der Ober brachte ihm ein Heißgetränk und sagte: "Ein Grog, Monsieur!" Kleine Sünden bestraft der Wiener sofort.
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