Lektion 25: Schnittkurs mit Tiefgang

Porträt von Anna-Maria Bauer.
Von einer Österreicherin, die auszog und den Hürden und Hindernissen, die sie dabei meistert.
Anna-Maria Bauer

Anna-Maria Bauer

Allen damaligen Warnungen der Werklehrerin zum Trotz hat diese Kolumnistin unlängst an einem Linolschnitt-Workshop teilgenommen. In der intimen Umgebung eines ländlichen, zum Atelier umfunktionierten Wohnzimmers wurden innerhalb der zwei Stunden aber nicht nur Gravurtipps und oberflächliche Nettigkeiten ausgetauscht. Vielmehr haben das sanfte Nachfragen der Kursleiterin und die wiederholte Aufforderung, langsam zu arbeiten (weil dann der Schnitt mit dem Geißfuß besser zu kontrollieren ist), sowohl zu einem Dutzend selbst bedruckter Geschenkanhänger geführt als auch zu tiefer Entspannung. Dieser Workshop war nicht nur Basteleinheit, sondern ein bisschen auch Therapiestunde.

Am Kursende darauf angesprochen, lächelt die Linolschnitt-Lehrerin: Das sei ihr Versuch, die Gemeinschaft ein bisschen zu stärken.

Wärmende Gegenbewegung

Eine Erfahrung, die man in der Wahlheimat immer wieder macht: ein tiefes Interesse daran, soziale Angebote zu etablieren – nicht weil damit Geld in die eigene Tasche wandert (obwohl es im Urland des Kapitalismus genügend Beispiele dafür gibt), sondern um das Leben der anderen ein wenig erfüllter zu machen. So entstehen „Zahl so viel du willst“- oder Reparatur-Cafés, mehr als 21.000 Community-Hubs und 11.000 Charity-Shops.

Das Sozialsystem Großbritanniens – mit kaum vorhandenem sozialem Wohnbau, lediglich 130 Euro Krankengeld pro Woche, dafür jedoch rund 15.000 Euro Kinderbetreuungskosten im Jahr – sollte man sich nicht unbedingt abschauen. Die soziale Wärme der Briten hingegen darf man sich durchaus zum Vorbild nehmen.

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