Lektion 20: Die hohe Gunst britischer Briefe

Rumms! Könnte er das sein? Eilig wurde die Stiegen hinuntergehastet. Und da lag er: weiß, mitten auf dem Vorzimmerläufer und mit langersehntem Briefkopf.
Wann haben Sie sich das letzte Mal über einen Brief mit inkludierter Rechnung gefreut? Ihre anglophile Kolumnistin fragt das nicht nur, weil die Briefmarke dieses Monat ihren 185. Geburtstag feiert: Am 1. Mai 1840 machte sich im südenglischen Bath der welterste Brief mit aufgeklebter Marke auf seinen Weg nach London.

Nicht ohne Briefkopf!
Im Land poetischer Briefeschreiber ist dieses Kommunikationsmittel heute administrative Instanz. Denn England hat kein Meldesystem. Möchte man ein Konto eröffnen, benötigt man den Briefkopf von einer anderen Institution. Am Anfang beißt sich die Katze in den Schwanz: Die Bank braucht einen Brief vom Internet- oder Stromanbieter, der Internetprovider eine Verifizierung von Bank oder Strom, der Strom den Briefkopf von Internet oder Gemeinde. Und wenn man nichts davon hat? „Es tut uns sehr leid“, wiederholten die Mitarbeiter wie in einem postmodernen Choral: „Wir brauchen einen Briefkopf.“
Und wieso der Rumms? Briefe – wie jener der Gemeindeabgabe, in die man doch aufgenommen wurde – kommen nicht in den Postkasten, sondern durch einen Schlitz in der Tür. Das erklärt nun auch die Szene am Beginn der Harry-Potter-Serie, als die Einladungen nach Hogwarts zum Ärger von Harrys Verwandten direkt ins Haus flatterten. Endlich kann diese Kolumnistin Harrys Erleichterung nachvollziehen, als der Zauberer einen Brief in die Finger bekam. Sein Name, seine Adresse!
Vielleicht wollte er auch nur ein Bankkonto eröffnen.
Kommentare