Als der Trainer den Präsidenten entmachtete

Montag noch gescholten, mutierten die grün-weißen Krisen-Kicker 70 Stunden später zu den Helden von Moskau.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

So rapid geht das. Montag noch gescholten, weil sie bei der Hauptversammlung in Anbetracht des Europa-League-Spieles nicht bis spätabends Mitgliedern Rede und Antwort stehen wollten, mutierten die grün-weißen Krisen-Kicker 70 Stunden später zu den Helden von Moskau.

Sie zelebrierten ihren 2:1-Sieg gegen Spartak nur kurz. Ähnlich dezent wird am heutigen ersten Adventsonntag eine Rapid-Ikone ihren 70. Geburtstag feiern. Nicht in Wien, sondern in Prag. Dort ist Antonin Panenka Ehrenpräsident des Tabellen-Elften Bohemians.

Einen Ausnahmekönner wie ihn würden Wiener Klubs heute allein schon aus finanziellen Gründen nie bekommen. Obwohl über 30 und mehr in der Etappe als an vorderster Stelle gewesen, erzielte Panenka für Rapid 77 Tore. Davor war er als Europameister in die Fußball-Geschichte eingegangen.

EM-Finale 1976 Bundesrepublik Deutschland – CSSR. Nach unentschiedenem Spielausgang drosch (der heutige FC-Bayern-Präsident) Uli Hoeneß im Penaltyschießen den Ball in den Belgrader Abendhimmel. Danach trat Panenka zum entscheidenden Elfer an. Während Tormann Sepp Maier in die Ecke flog, schaufelte Panenka den Ball lässig in die Tormitte.

EM-Gold für die CSSR! Vergleichsweise bescheiden hat es Panenka versilbert, zumal vom kommunistischen Regime mit einem Auslandsverbot belegt. Erst für einen Wechsel zu Rapid bekam er aus Prag grünes Licht.

Noch in Hütteldorf und (als Enddreißiger) in St. Pölten) entzückte Panenka mit so manchem Kunstschuss. In Spanien wird immer noch an Schlitzohr Panenka erinnert, wenn ihn ein Profi der Primera División zu kopieren versucht. So titelte kürzlich die auflagenstarke AS, nachdem Sergio Ramos einen Elfer per zentralem Schupfer verwandelt hatte: „Ramos half Real im Stil von Panenka.“

Apropos Real

Morgen sind’s genau 50 Jahre, seit Rapid die Madrilenen aus dem Meistercup warf. Dank der Auswärtstorregel und eines Treffers von Johnny Bjerregaard zum 1:2.

Die Basis zum Sensationsaufstieg hatte Günter Kaltenbrunner im Prater zwei Wochen davor gelegt. Als Eintauschspieler.

Ehe sich Kaltenbrunner zum Aufwärmen begab, hatte ich als Reporter-Lehrbua, hinter der Rapid-Ersatzbank stehend, noch während des Spieles mit dem späteren 1:0-Siegtorschützen plaudern dürfen. Aus heutiger Sicht ähnlich undenkbar wie das, was Kaltenbrunner 1999 als Rapid-Präsident widerfuhr.

Damals nutzte der taktisch gnadenlos schlaue Ernst Dokupil (ehe er wieder vom Sportdirektor zum Trainer wurde) Kaltenbrunners kurzfristige Abwesenheit, um sich beim Generaldirektor des Rapid-Hauptsponsors Bank Austria, Gerhard Randa, über Kaltenbrunner zu beschweren. Worauf der sein Präsidentenamt los war.

Auf die Jetzt-Zeit umgelegt wäre das so, als würde Didi Kühbauer Boss Michael Krammer absageln. Wird nie passieren. Außerdem gibt Krammer 2019 sein Ehrenamt von selbst ab.

Wer auch immer Krammers Nachfolger sein wird – auch der Neue muss sich’s mit dem Block West gut stellen. Behaupten etliche Rapid-Altinternationale und kritisieren, dass sich ihr Verein längst schon in die Abhängigkeit polizeibekannter Ultras begeben hat.

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