Stille Nacht, hektische Wochen: Tipps gegen den Weihnachtsstress
Advent ist, wenn Besinnlichkeit zur Belastung wird. Warum uns Weihnachten so stresst und wie wir doch noch zur Ruhe kommen.
Wenn die Straßen wieder bunt leuchten, es an den Ecken nach Glühwein duftet und die Menschen in Film und Fernsehen auf Besinnlichkeit eingeschworen werden, dann ist sie wieder da: die Weihnachtszeit. Und mit ihr der immer wiederkehrende Mythos von Ruhe, Harmonie und Gemütlichkeit. Die Realität ist von diesem Ideal jedoch oftmals weit entfernt. Anstatt der Vorfreude wächst der Druck. Der Druck ein harmonisches Fest zu arrangieren, ein stimmiges Zuhause zu garantieren, gelungene Geschenke zu organisieren – und das alles bitte ohne Reibungen. Genau hier entsteht jener Perfektionismus, der die Weihnachtszeit für viele zur Belastung macht.
Zwischen Zimtstangen und Zeitdruck
Dieser Druck gilt als Stressverstärker: Der Wunsch nach Vollkommenheit kollidiert mit der Realität menschlicher Grenzen. Dabei ist der Kalender zu dieser Zeit ohnehin prall gefüllt. Jahresabschlüsse im Job, Adventfeiern, Geschenkfragen, familiäre Abstimmungen, dazwischen der Versuch, ein wenig Weihnachtsstimmung einzufangen – es ist ein Balanceakt, der viele an ihre Grenzen bringt. Besonders spürbar wird das für jene, die schon im Alltag mehrere Rollen gleichzeitig stemmen. Weihnachten wirkt wie ein Brennglas: Es verstärkt, was ohnehin schon da ist – und zu allem Übel glaubt man auch noch alles weglächeln zu müssen, immerhin ist ja Weihnachten.
Mental-Load und Finanzdruck: Stressunterschied zwischen den Geschlechtern
Auffällig sind in dieser Zeit auch die Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Frauen tragen nach wie vor den größten Teil der „Mental Load“ – jener unsichtbaren Planungs- und Organisationsarbeit, die das Leben zur Dauerschicht macht und besonders im Dezember noch Überstunden abverlangen kann. Wer bekommt welches Geschenk? Wer bringt was zum Essen mit? Wie schaffen wir es, alle Termine unter zu bringen? Dieses stille Management wird gesellschaftlich gern romantisiert, ist aber einer der zentralen Stressfaktoren.
Aber auch Männer spüren den Druck, wenn auch oft anders. Hier äußert es sich mehr in Form von einer finanziellen Erwartungshaltung; die Finanzen müssen stimmen, das Geld muss nach Hause gebracht werden.
Zwei Perspektiven, zwei Belastungen – aber beides unfair verteilt.
Nur keine Panik: Soforthilfe gegen Stress
Und dann pocht das Herz und die Gedanken drehen sich im Kreis – in Momenten der Panik und des akuten Stress, helfen kleine Übungen sich gedanklich wieder ins Hier und Jetzt zu holen.
- Atemübungen gehören zu den wirksamsten Soforthilfen. Besonders einfach ist die 4-6-Methode: vier Sekunden einatmen, sechs Sekunden ausatmen. Das beruhigt das Nervensystem . Auch tiefe Bauchatmung wirkt schnell, weil sie dem Körper signalisiert, dass keine Gefahr besteht.
- Kurze Unterbrechungen helfen ebenfalls: ein paar Minuten an die frische Luft gehen, Schultern lockern, bewusst die Haltung ändern.
- Sehr effektiv ist zudem ein „Cold Splash“ – kaltes Wasser über Handgelenke oder Nacken senkt die innere Spannung sofort.
- Wer gedanklich feststeckt, kann den 5-4-3-2-1-Scan nutzen: bewusst wahrnehmen, was man sieht, hört, spürt, riecht und schmeckt. Diese Methode holt den Geist zurück und stoppt das Stresskarussell.
Tipps: Was tun gegen Stress in der Adventzeit
Warum diese Wochen so fordern? Zu hohe und vor allem falsche Erwartungen. Der perfekte Baum, das perfekte Essen, die perfekte Stimmung – und dahinter aber ein Alltag, der eben nicht perfekt ist. Die stille Nacht ist eben auch irgendwie nur ein Marketingversprechen. Dazu kommt ein erhöhtes Konfliktpotenzial in der Familie: Wer Streitigkeiten im Rest des Jahres wegschiebt, steht an Weihnachten plötzlich mittendrin. Alle Jahre wieder – dieselben Konflikte. Man kennt's.
"Fröhlich sein" ist keine Pflichtlektüre
Doch es gibt Wege, diese zwischenmenschlichen Festtagsbomben zu entschärfen. Der wichtigste Schritt: den Perfektionismus hinter sich zu lassen! Nicht jede Tradition ist verpflichtend, nicht jedes Ritual heilig. Es hilft, schon im Vorfeld zu klären, was wirklich zählt – und was nur aus Gewohnheit auf der Liste steht.
Weiters: konkrete Aufgabenverteilung. Das entlastet enorm. Außerdem hilft es auch dabei gewisse Dinge zu vereinfachen: Ein simples Festtagsmenü, Wichteln statt Geschenkemarathon oder ein klarer Zeitplan ohne Dauerbesuche schaffen Raum für Ruhe. Ebenso wohltuend: kleine Pausen zwischendurch. Ob ein Spaziergang, ein Abend auf der Couch, eine Stunde Offline-Zeit – all das schafft Zeit für sich und vor allem Ruhe.
Offene Kommunikation
Natürlich darf die offene Kommunikation auch in dieser Zeit nicht fehlen. Darüber sprechen, was möglich ist und was nicht. Das verhindert Enttäuschungen, bevor sie entstehen. Denn oft wächst Stress nicht aus den Dingen selbst, sondern aus unausgesprochenen Erwartungen.
Am Ende geht es darum, Weihnachten wieder zu dem zu machen, was es ist: Ein Fest und ein Fest muss nicht glänzen, um gut zu sein. Es darf unperfekt sein, unordentlich, ruhig auch ein bisschen chaotisch. Denn nur dann entsteht jene Ruhe und Leichtigkeit, die wir im Dezember so sehr suchen.
Hilfe für Menschen mit Suizidgedanken
Sie sind in einer verzweifelten Lebenssituation und brauchen Hilfe? Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums.
Unter www.suizid-praevention.gv.at finden sich Kontaktdaten von Hilfseinrichtungen in Österreich.
- Rat auf Draht ist die österreichische Notrufnummer für Kinder und Jugendliche. Die Nummer ist unter 147 rund um die Uhr anonym und kostenlos erreichbar.
- Die Ö3-Kummernummer ist unter 116 123 täglich von 16 bis 24 Uhr und ebenfalls anonym erreichbar.
- Die Telefonseelsorge ist unter der kostenlosen Telefonnummer 142 rund um die Uhr als vertraulicher Notrufdienst jeden Tag des Jahres erreichbar.
- Auf der Website www.bittelebe.at finden Angehörige/Freunde von Menschen mit Suizidgedanken Hilfe.
Kommentare