Ein Cafe in Paris im Außenbereich mit vielen Stühlen
Traumorte

Paris, Kopenhagen oder auf dem Land: Wo fühlt man sich daheim?

Das neue Buch von Marie Luise Ritter geht der Frage nach, was der Begriff Zuhause bedeutet und erklärt, warum es sich lohnt, verschiedene Orte dafür zu testen.

Ein Nachmittag im Café mit Blick auf die Passanten, der Duft von Croissants, die Sicht auf den Eiffelturm. Oder doch die raue Berliner Luft, mit Clubs, die länger geöffnet haben, als man eigentlich wachbleiben kann? Manchmal gibt einem Ort genau die Leichtigkeit, die einem daheim abhandengekommen ist. Oder die Ferne zeigt einem, was man am eigenen Zuhause wirklich vermisst.

Wie vielschichtig der Begriff ist - von Geborgenheit bis Aufbruch - zeigt die deutsche Autorin Marie Luise Ritter in ihrem Buch „Die Suche nach Zuhause“. Für sie ist klar: Daheim fühle man sich nicht zwingend der Wohnung, in der die Post landet. Oft sei es vielmehr ein Gefühl, das einen plötzlich zugehörig fühlen lässt – beim ersten Kaffee in einer fremden Stadt oder dann, wenn man beginnt, in einer anderen Sprache zu träumen.

Zur Enttäuschung vieler hat jedoch die Vorstellung eines Sehnsuchtsortes oft nicht so viel mit dem wahren Leben zu tun wie erhofft.

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„Die Suche nach Zuhause: Von der Sehnsucht nach einem Ort, an den wir hingehören“
Piper Verlag,18 Euro.

©Piper Verlag

Teuer und unfreundlich

Paris etwa war lange Ritters Traumstadt – bis sie dort tatsächlich lebte. „Traumstädte kennt man aus Filmen und Büchern. In der Realität können sie aber ganz anders aussehen. Paris hat großartige Seiten, aber es ist auch sehr teuer, teilweise unfreundlich, es gibt wenig Natur und viele aufgeheizte Häuserblocks.“

Trotz aller Ernüchterung möchte sie die Heimat-Suche nicht missen. Wer verschiedene Orte ausprobiert, lerne sich dabei auch selbst besser kennen.

Nicht alle haben das Privileg, von überall aus arbeiten zu können so wie die Autorin - das sei ihr bewusst. Ritter selbst lebt heute überwiegend in München, zieht es aber regelmäßig auch nach Nizza. „Ich mag das Traditionelle an München, das Familiäre. Es ist sehr grün, du hast die Natur in der Stadt. Mit Hund ist das perfekt.“ Entscheidend sei immer die Lebenssituation: als Single, mit Tieren, in einer Partnerschaft oder mit Kindern.

Einfach wie nie zuvor

In jedem Fall ist es heute für viele so einfach wie nie, einmal auszutesten, wo man leben will. Die Pandemie hat nicht nur unsere Routinen durchgeschüttelt, sie hat auch Türen geöffnet. Homeoffice und Remote Arbeit haben die Vorstellung, für einige Monate woanders zu leben, auf einmal greifbar gemacht. Drei Monate Paris? Eine Saison in Berlin? Heute reichen oft ein Laptop, eine stabile Internetverbindung – und ein bisschen Mut.

Das mag auch Ritter an der Suche nach einem neuen Zuhause. „Es hat etwas Abenteuerliches, wenn ich alleine von Deutschland nach Barcelona mit dem Auto fahre und weiter nach Mallorca.“ Dort hat die 33-Jährige eine ruhigere Zeit am Meer verbracht. Allzu ländlich mag sie es nicht, das hat sie herausgefunden. Ihr tut etwas Trubel gut „Viele wollen auf dem Land leben, ohne das Landleben“, witzelt sie.

Kalvebod Wave in Copenhagen

Dänemark ist Top-Destination für Auswanderer. Kopenhagen (Bild) ist lebenswerteste Stadt 2025. 

©Getty Images/olli0815/iStockphoto

Testen mit Realitäts-Check

Egal wohin es einen zieht, Ritter sieht den Wechsel als Chance denn als endgültige Entscheidung. „Zuhause kann man testen“, schreibt sie in ihrem Ratgeber. Und genau da liegt der Charme: Nicht alles muss sofort und vor allem für immer sein.

Ein Augenzwinkern schwingt auch im Buch immer mit. Würden wir Paris auch so sehr lieben, wenn wir dort nicht am Seine-Ufer flanieren, sondern beim Amt Formulare ausfüllen müssten? Und fühlt sich Berlin an einem grauen Montagmorgen im November wirklich noch so vibrierend an? Genau deshalb rät sie zu einem kleinen Reality-Check.

Am Ende steht für sie die Erkenntnis: Zuhause ist kein fixer Punkt. Manchmal wandert es mit, manchmal bleibt es zurück. Es ist am Ende eines Fluges oder einfach dort, wo wir geboren wurden. Laut Ritter lohnt es sich, sein aktuelles Zuhause von Zeit zu Zeit zu hinterfragen.

Lesung

Marie Luise Ritter ist Autorin und Bloggern und hat in Hamburg, Berlin, Paris, auf Mallorca und in Nizza gelebt. Derzeit ist  sie in München stationiert. 

Buch-Lesung am 9. September, 19:30  Uhr im Stadtsaal, 1060 Wien.

Tickets: Tel.: +43/(0)1/909 22 44 oder www.stadtsaal.com

Lebenswerte Städte

Drei Mal wurde Wien in Folge vom britischen Economist zur lebenswertesten Stadt gekürt. 2025 hat jedoch Kopenhagen (Dänemark) die österreichische Bundeshauptstadt überholt. 

Wien belegt Platz 2 gemeinsam mit Zürich (Schweiz), es folgen Melbourne (Australien) und Genf (Schweiz). Das Ranking umfasst 173 Städte. Gemessen wird u. a.  die Qualität des Gesundheits- und Bildungssystems, die Infrastruktur oder die Stabilität. Europa schneidet im internationalen Vergleich am besten ab, aber  der Stabilitätswert der Region sinkt seit 2024 wegen steigender Kriminalitätsraten, Terrordrohungen und Fremdenfeindlichkeit.
 

Christina Michlits

Über Christina Michlits

Hat Theater-, Film- und Medienwissenschaften studiert. Nach Kennenlernen des Redaktionsalltags bei Profil und IQ Style, ging es unter anderem zu Volume und dem BKF. Seit 2010 bei KURIER für die Ressorts Lebensart und Freizeit tätig. Schwerpunkte: Mode, Design und Lifestyle-Trends.

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