Strahlen wie die Stars: So erlangt man selbst Charisma

Britain's Prince William, and Kate, the Princess of Wales visit the National Federation of Women's Institute (WI), in Sunningdale
In ihrem neuen Buch erörtert Soziologin Susanne Altmann, wieso Charisma keineswegs angeboren und warum es in der modernen Welt so wichtig ist.

Es hat keine eigene Form und ist dennoch nicht zu übersehen; es ist nicht greifbar und lässt uns doch nicht los.

Charisma.

Wir bewundern es an jenen, die es mit Leichtigkeit, einem Funkeln in den Augen und einem verschmitzten Lächeln auf den roten Teppich oder die Politikertribünen der Welt geschafft haben.

Schauspieler Timothée Chalamet, urteilte etwa der Guardian unlängst, strahle im Bob-Dylan-Biopic „unbekümmertes Charisma“ aus. Kate Hudson wiederum, erklärte das People Magazin, habe es ihrem „angeborene Charisma“ zu verdanken, dass sie im Horrorfilm „Shell“ brillierte.

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Kate Hudson wird "angeborenes Charisma" zugeschrieben.

Emmanuel Macrons „unwiderstehlicher Charme“ zitierte die BBC bei dessen Amtseintritt einen Franzosen, „könnte einen Bürostuhl verführen.“ Und dass Barack Obamas charismatische Ausstrahlung zu seinem Einzug ins Präsidentenamt beitrug, wurde in mehreren Universitätsstudien diskutiert.

Übung und Ausdauer

Doch Charisma – argumentiert die Soziologin, Lektorin und Charisma-Trainerin Susanne Altmann in ihrem neuen Buch Die moderne Welt braucht Charisma ist keineswegs nur etwas, das man an Stars und Sternchen bewundern kann. Vielmehr sei die Fähigkeit andere zu fesseln, mit Übung und Ausdauer erlernbar.

Man sollte etwa darauf achten, dass die Körperhaltung aufrecht, die Gestik offen oder der Blick direkt ist. Dass das Sprechtempo langsam aber bestimmt, die Wortwahl gewählt und der Kleidungsstil angemessen sind.

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Charisma ist erlernbar, sagt Susanne Altmann.

Doch vor alledem, müsste die Arbeit tiefer gehen. „Charisma“, erörtert Susanne Altmann, „beginnt im Inneren.“ Bei den eigenen Überzeugungen, der Selbstwahrnehmung und der Haltung zur Welt.

Bewusst, aber für andere

Als die britische Prinzessin Catherine Mitte September mit der amerikanischen First Lady Melanie Trump die Pfadfindergruppe des Frogmore House besuchte, sah man die künftige Königin von Großbritannien unbekümmert in der Hocke, auf der Wiese sitzend, lachend, leicht und mit den Kindern auf Augenhöhe.

„Man sieht Kate vielleicht nicht als jemanden, der in einer Notsituation die Führung übernimmt“, erörterte die Körpersprache-Expertin Judi James in Marie Claire, „doch ihre Art ist eine ideale Form von Führungscharisma.“ Prinzessin Kate führe nicht mit Angst, sondern habe ein „Talent dafür, anderen ein gutes Gefühl zu geben“.

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Prinzessin Catherine im Gespräch mit Pfadfinderinnen.

Und das ist ein essenzieller Aspekt: „Charismatische Menschen sind nicht jene, die dick auftragen“, erklärt Susanne Altmann. Oder jene, die sich selbst in den Mittelpunkt stellen. Vielmehr empfinden wir jene Personen als charismatisch, die uns Vertrauen, Verbindlichkeit und Sicherheit vermitteln. Dann können sich andere an ihnen anlehnen – und solche Anker weden in unserer hektischen Welt immer häufiger gebraucht.

Vor zwei Jahren, anlässlich der Premiere von „Aviator: Der Weg des Wassers“ , ging ein Interview-Clip mit Kate Winslet viral. Die Schauspielerin wurde darin von der zehnjährigen Kinderreporterin Martha interviewt. Bevor das Gespräch losging, offenbart die etwas nervöse Martha, dass dies ihr erstes Interview war.

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Kate Winslets Charisma ließ auch die zehnjährige Interviewerin strahlen.

„Dein erstes Mal?“, erwiderte Kate Winslet und rückte auf ihrem Sitz ein wenig nach vor, um zu signalisieren, dass sie mit ihrer Aufmerksamkeit ganz bei dem Mädchen war. „Weißt du was?“, sagt sie dann. „Wenn wir jetzt dann das Interview machen, wird es das beste aller Zeiten. Und weißt du warum?“ Sie lächelte. „Weil wir beschlossen haben, dass es so sein wird.“

Die elf Faktoren

In nur einer Reaktion präsentierte Kate Winslet drei Charisma-Faktoren: Präsenz. (Die Fähigkeit, Raum ein- ohne ihn anderen wegzunehmen.) Respekt. („Wirklich charismatische Menschen“, sagt Altmann, „bringen nicht nur sich, sondern auch andere zum Leuchten.“) Und Empowerment. (Wer Charisma hat, beansprucht den Mittelpunkt nicht für sich, sondern lässt andere wachsen.)

Insgesamt hat Susanne Altmann in ihrem neuen Buch elf Charisma-Faktoren herausgearbeitet – sie beginnen beim Esprit, einer inneren Leichtigkeit gepaart mit Humor, und enden beim Emotional Coping, der Fähigkeit starke eigene wie fremde Gefühle auszuhalten.

Alle elf Faktoren stehen miteinander in Wechselwirkung und können doch isoliert trainiert werden – oft, in dem man sich ihrer zunächst überhaupt bewusst wird.

Bevor man einen neuen Raum betritt, sei es ein Meeting, ein Empfang oder ein Abendessen, empfiehlt Susanne Altmann beispielsweise drei Punkte zu beachten: Erstens, erden – Füße verwurzeln, Schultern zurückrollen, aufrichten. Zweitens, zwei, drei Mal tief atmen. Drittens, nicht sofort eintreten, sondern sich zunächst in Ruhe umsehen. Wie ist die Atmosphäre? Wer ist da? Was wird gebraucht?

Wer auf diese Art in einen Raum eintaucht, der betritt ihn nicht nur, der gestaltet ihn mit.

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