
Fotografin Gabo: "Ich wollte mit Kevin Costner immer schon mal ins Heu“
Sie ist die Fotografin, der die Stars vertrauen. Die Hamburgerin Gabo hat Wiener Wurzeln und arbeitet mit Licht, Liebe und Champagner.
Die renommierte deutsche Fotografin ist bekannt für Bilder, mit denen sie die „Schokoladenseite“ der Stars hervorkehrt. Zu Beginn ihrer Karriere gab sich Gabriele Oestreich den Künstlernamen Gabo, der weder Geschlecht noch Nationalität verraten soll. Derzeit stellt sie ihre „Big Shots“ in der Leica Galerie in Konstanz am Bodensee aus, kommendes Jahr feiert die Fotografin ihr 40-jähriges Jubiläum. Die freizeit zeigt schon jetzt eine kleine Auswahl ihrer großartigen Werke. Wir haben Gabo auf Mallorca erreicht, wo sie derzeit auf einer „kleinen Ranch“ mit ihren beiden Hunden weilt. Ihr Blick aus dem Fenster: Olivenbaum, Palme und die mallorquinischen Berge.
Sie sind bekannt für Ihre Porträts prominenter Persönlichkeiten. Was bedeutet Ihnen das, den Stars so nah zu sein?
GABO: Für mich sind Prominente einfach Menschen. Ich möchte sie so zeigen, wie sie sind – Persönlichkeiten, keine Avatare. Ich will dem Gegenüber gerecht werden, kein Klischee ablichten. Meine Bilder sollen noch nach Studiolicht und Dunkelkammer riechen, nach Atmosphäre, gemeinsam gelebter Zeit am Set, guter Musik, Essen und ein bisschen Champagner.

So schön macht Pasta. Ein Essen voller Genuss in Gabos Studio: da kam es gleich zu einem "Big Shot".
©GaboWie gehen Sie bei Ihrer Arbeit vor?
Für mich ist jedes Shooting fast eine Liebesgeschichte für einen Tag – nicht sexuell, sondern emotional, von Mensch zu Mensch. Die Person vor der Kamera muss sich wohlfühlen, sie muss wissen, dass sie bei mir sicher ist. Es geht um Begegnungen, Aufnahmen, die zwischen Kamera und Mensch wie durch ein unsichtbares Band entstehen, mal leise, mal laut, aber immer mit Seele und Tiefe. Für ein echtes Porträt sind Nähe, Vertrauen und Licht entscheidend. Mit Licht kannst du jemanden zerstören oder zum Präsidenten machen, eigentlich bräuchte man für die Kamera einen Waffenschein. (lacht)
Prominente sind ja gewohnt, sich zu zeigen …
Ja, das sind sie. Aber mein Ziel ist es, den Menschen hinter dem Image zu erreichen. Das Wichtigste ist die Atmosphäre am Set, das nette Team spielt da auch eine große Rolle, es herrscht bei uns immer eine familiäre Stimmung.
Sie sind schon sehr lange in einer Männerdomäne unterwegs. Wie erleben Sie das?
Ich bin eine Einzelkämpferin, von Beginn an. Ich habe auch mal einen Auftrag nicht bekommen, nur weil ich eine Frau bin. Als ich angefangen habe, waren Frauen in der Fotografie extrem unterrepräsentiert – ihr Anteil lag bei etwa drei Prozent. Heute sind es immer noch etwa nur dreißig Prozent. Große Verantwortung ging damals, und auch heute noch, fast ausschließlich an Männer. Es ist eine Tatsache, dass Frauen in der Fotografie historisch, und teils bis heute, deutlich weniger sichtbar und anerkannt sind als Männer – ein Gender-Gap.

„Ist alles so schön bunt hier.“ Auch das Bild von Nina Hagen hängt groß aufgezogen in Gabos Ausstellung
©GaboIhr Weg begann vor der Kamera, als Model. Was haben Sie daraus für Ihre spätere Arbeit mitgenommen?
Ich habe zehn Jahre gemodelt und am eigenen Körper erfahren, was schlechtes Licht bedeuten kann, es tut fast weh! Das Modeln war eine gute Möglichkeit, von den Besten zu lernen. Und die Fehler eines unsensiblen Fotografen zu unterlassen. Helmut Newton war da mein Negativbeispiel. Beim Casting sagte er – vor allen anderen – ich solle mein T-Shirt hochheben, er müsse meinen Busen sehen. Ich habe Nein gesagt. Er meinte: „Dann kannst du gehen“ und zeigte auf den Hinterausgang. Und ich ging stolz von dannen! Von solchen Momenten habe ich gelernt, Grenzen klar zu setzen und Menschen mit Sensibilität und Respekt zu begegnen.
Wie kamen Sie dann zur Fotografie?
Irgendwann wollte ich gestalten, nicht nur Teil des Bildes sein. Nach ersten Aufträgen für eine Stadtzeitung bin ich mit meinen Bildern zum Stern gegangen. Dort sagten sie erst: „Wir haben namhafte Fotografen, wir brauchen niemanden.“ Doch meine Mappe überzeugte wohl und so bekam ich meinen ersten großen Auftrag: Herbert Grönemeyer auf Tour – und das wurde dann die Titelgeschichte. 26 Sterntitel folgten.
Ich war damals mit David (Bowie, Anm.) zusammen. Iggy kam mit seiner Freundin. Wir saßen oben im Hotel, hielten brav Händchen, hatten Partyhütchen auf
Sie hatten auch privat Kontakt zu Musiklegenden, feierten mit David Bowie und Iggy Pop Silvester.
Ja, das war noch als Model. Silvester 1984 in Sydney: Ich war damals mit David zusammen. Iggy kam mit seiner Freundin. Wir saßen oben im Hotel, hielten brav Händchen, hatten Partyhütchen auf (lacht). Wichtig ist aber etwas anderes. Als mein Vater im Sterben lag, sagte David zu mir: „Du musst jetzt zu deinem Vater gehen und ihn begleiten bei diesem wichtigen Schritt.“ Ich flog zurück nach Hamburg. Für diesen Rat bin ich ihm bis heute dankbar.
Sie haben über Ihren Vater einen Bezug zu Wien.
Ja, mein Vater war Wiener. Ich liebe Wien, habe mehrere Monate hier gelebt, damals als Model. Ich hatte auch mal einen Wiener Skilehrer als Boyfriend, den hab ich dann besucht – aber ohne Skier fand ich den schiach. Mein erster Kuss war übrigens mit dem Fritzi, auch ein Wiener. Der sagte immer zu mir: „Geh ma nackert Baden.“ (lacht)

Kissenschlacht mit Torte
©GaboSpäter als Fotografin hatten Sie eine Begegnung mit Kevin Costner. Verraten Sie uns, wie das war?
Ja, ich erinnere mich noch gut. Ich sollte ihn für einen Cowboyfilm fotografieren, in einem Hotel in Hamburg – spießig eingerichtet, alles Standard und clean, ich brauchte eine Idee fürs Bild. Da fiel mir ein, dass ich mit Kevin Costner immer schon mal ins Heu wollte (lacht). Also schleppte ich Heuballen aufs Hotelzimmer, und als ich gerade dabei war, alles im Raum zu verteilen, kam der Agent und sagte: „No way, da macht er sich ja dreckig!“ Ich war verzweifelt, doch Kevin sagte: „Lass uns einfach ins Bett gehen.“ Er legte sich rücklings darauf, und ich schlich mit der Kamera um ihn herum. Perspektivisch war das schwierig. Also zog ich meine Cowboyboots aus, kletterte aufs Bett und stellte mich breitbeinig über ihn, um ihn von oben zu fotografieren. Das war ziemlich wackelig. Als ich meinte, dass ich Angst hätte zu fallen, lächelte er und sagte: „Don’t worry! Sag Bescheid, ich fang dich auf.“

Durchs Netz geschaut: Selbstfindung vor der Kamera
©GaboSie haben auch Boris Becker in jungen Jahren fotografiert. Das Bild ist in Deutschland berühmt.
Ja, kurz nach seinen Wimbledonsiegen. Ich habe ihn in Schwarzweiß porträtiert – nicht als Sportler, sondern ihn als Mann durch meine Linse gesehen. Für viele ist es ungewohnt, fotografiert zu werden. Man sieht sich plötzlich anders, entdeckt Seiten, die man noch nie an sich wahrgenommen hat. Bei Boris war das spürbar: Fotografiert zu werden, kann wie eine Selbstfindung sein.

Erst vor, dann hinter der Kamera
©GaboWelche Begegnungen mit der Kamera sind Ihnen noch besonders im Gedächtnis?
Ach, so viele, eigentlich alle. Ich bin ein Fan von Nina Hagen. Barbara Schöneberger ist ein Geschenk für jede Fotografin – selbstironisch und immer bereit, etwas auszuprobieren. Wir haben viel gelacht, genau diese Energie sieht man auf den Bildern. Iris Berben kam bei einer Kissenschlacht in Spiellaune – ich fand noch Jahre später Federn in dem Zimmer (lacht). Und Yoko Ono war sehr inspirierend. Es hieß, sie sei so anstrengend. Dabei war sie entspannt, freundlich, einfach angenehm. Aus dieser Serie mit ihr ist übrigens eines meiner Lieblingsbilder. Ich habe es hier im Haus hängen, es passt auch gut zu Spanien.

Zickig, anstrengend? Von wegen!
©GaboAusstellung "Big Shots"
Tipp: Die Ausstellung GABO „Big Shots“ ist bis 17. Oktober in der Leica-Galerie in Konstanz am Bodensee zu sehen, leica-galerie-konstanz.de, gabo-photos.com
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