
40 Jahre Super Mario: Wie ein Installateur die Welt rettet
Am 13. September 1985 gelang Nintendo mit „Super Mario Bros.“ ein Coup, der die Branche sicherte und die Welt ein wenig besser machte.
Rote Mütze, rotes Shirt, blauer Overall und breiter Schnauzbart: Selbst Personen, die in ihrer Freizeit nie einen Controller in der Hand haben, dürften diese Figur erkennen.
Mit 800 Millionen verkauften Spielen ist „Super Mario“ aber auch die erfolgreichste Videospielmarke aller Zeiten. Den Hauptcharakter gibt es als Plüschtier, Kappenlogo oder Faschingskostüm. Man kann Mario in seinem Rennauto aus Lego zusammenbasteln, Brettspielfans steht die Monopoly-Version zur Verfügung und 2023 kam ein neuer, animierter Film in die Kinos.

Mario gibt es als Plüschfigur, auf T-Shirts und als Riesenstatue.
©APA/AFP/RICHARD A. BROOKSDoch das Spiel um den adrenalingeladenen Installateur ist nicht nur deshalb eindrucksvoll, weil es sich seit 40 Jahren erfolgreich auf dem Markt hält und dabei doch jährlich mit 10.000 Neuerscheinungen messen muss. Super Mario, erklärt Medienwissenschafter Stefan Sulzenbacher, hat mit seine Erscheinen am 13. September 1985 die Videospielbranche aus der Krise gerettet.
Flut an Spielkonsolen
Denn als in den 1970er-Jahren die ersten Arcade-Videospiele und dann die Heimspielkonsolen auf den Markt kamen, witterten Firmen Potenzial: Dieser neue Spielesektor würde groß werden – und sie wollten ein Stück vom Kuchen. Dutzende Konsolen und billige Kopien fluteten daraufhin den Mark. Doch die Spieler, zunächst überfordert dann frustriert, wandten sich von der Branche ab und die Spieleverkäufer blieben auf ihren Kassetten sitzen. Zwischen 1982 und 1985 stürzten die weltweiten Umsätze von 35 auf 12 Milliarden Euro ab.

Medienwissenschafter Stefan Sulzenbacher: "Mario Kart hat die Branche aus der Krise gerettet."
©lunah - photo & designDoch Nintendo (damals erst in Japan ein großer Name) wollte nicht aufgegeben. Unter der kreativen Leitung des 32-jährigen Shigeru Miyamoto tüftelte ein fünfköpfiges Team an einer neuen Idee. Miyamoto, im ländlichen Kyoto aufgewachsen und ursprünglich Comicbuch-Zeichner, hatte vier Jahre zuvor seinen ersten Coup gelandet: Donkey Kong, das Arcade-Videospiel rund um einen „Jumpman“, der eine Frau (später bekannt als Pauline) aus den Fängen eines Gorillas befreien muss.
Der Jumpman trägt – den damals noch limitierten technischen Gegebenheiten geschuldet – eine rote Mütze, weil diese einfacher zu gestalten war als Haare, und eine rote Latzhose zum blauen Hemd, damit sich die Arme farblich vom Körper abheben würden.
Der Start aller Spielstarts
Diesen Charakter wollte Shigeru Miyamoto nun in den Mittelpunkt rücken. Er schuf ihm eine Abenteuerwelt und gab ihm einen Namen, der auch mit dem westlichen Publikum resonieren würde: jenen des amerikanischen Vermieters Mario Segale. Und dann ging es los.

Shigeru Miyamoto kreierte Super Mario.
©APA/AFP/TOSHIFUMI KITAMURAAuf dem Startbildschirm von „Super Mario Bros.“ befindet sich Mario am linken Bildschirmrand. Der intuitive Reflex: Man läuft mit ihm nach rechts. Die braunen Goombas – erkennt man, wenn man das erste Leben verliert – dürfen einen nicht berühren. Und um über den breiten Graben zu springen, muss man die A-Taste länger gedrückt halten.
„Ohne Text, ohne Tutorial erkennt man in den ersten paar Sekunden, worum es geht“, sagt Stefan Sulzenbacher. Ein Lehrstück im Spieldesign. Und so verkaufte sich „Super Mario Bros.“ nicht nur in Japan drei Millionen Mal innerhalb der ersten vier Monate – bis 1991 gab es weltweit 20 Millionen Abnehmer. Nintendo, erkannten die Videospieler, als sie in die Geschäfte zurückkehrten, konnte man vertrauen.
Blauer Panzer zur Fairness
Doch ein Welterfolg kann nur dann auch ein solcher bleiben, wenn er mit der Zeit geht. Schon 1992 kam dann jener Ableger auf den Markt, der Kindergeburtstagsfeiern wie kaum ein anderes in den 1990ern geprägt hat: Der quirlige Mario beim chaotischen Autorennen mit seinen Freunden.

Mario Kart stürzt das gewöhnliche Autorennen ins Chaos.
©REUTERS/Isabel InfantesPlötzlich ging es in dem eigentlich ehrgeizigen Spieleformat nicht nur um Geschicklichkeit und saubere Steuerung, sondern auch ums Streiche spielen. Wo platziert man die Bananenschale? Wie kann man der Bob-ombe ausweichen? Und wie kommt man an den blauen Panzer, der den Erstplatzierten aus der Bahn wirft?
„Beim sogenannten Rubberband-Effekt“, sagt Stefan Sulzenbacher, „bekommen Letztplatzierte Unterstützung, während Erstplatzierten die Fahrt schwieriger gemacht wird. Das hält die Gruppe zusammen.“
Und damit hat Nintendo nicht nur einen weiteren Coup am Videospielmarkt gelandet, sondern auch ein Prinzip popularisiert, das später sogar Einzug in die Wirtschaftsökonomie hielt. Die sogenannte Blue Shell Economy, sagt Sulzenbacher, beschreibt Maßnahmen, die den Wohlstand und die Ressourcen einer Nation so umverteilen, dass von den Reichen und Mächtigen genommen und den weniger Privilegierten gegeben wird.
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