Drei junge Frauen stehen in einem Badezimmer mit rosa Fliesen vor einem Spiegel.

Wieso Mode in Serien einen so hohen Stellenwert hat

Große Fashiontrends gehen immer öfter von Serienhits wie Stranger Things oder Wednesday aus. Wie Streaming- und TV-Produktionen zu bedeutenden Modeschauen mutierten.

Ein junger Richard Gere lehnt sich im Hotelzimmer über ein Bett, vier seidenweiche Anzüge liegen vor ihm, Hemden aus Kaschmir, edle Krawatten. Langsam zieht er sich seinen feinen Zwirn an, die Kamera fängt ihn von Kopf bis Fuß ein. Es ist eine Schlüsselszene aus „American Gigolo“ aus dem Jahr 1980, auf Deutsch besser bekannt als „Ein Mann für gewisse Stunden“.

 Gere wurde als herzensbrechender Callboy von Giorgio Armani ausgestattet, damals noch ein unbekannter Designer. Über Nacht wird Armani zur begehrten Marke und auf Jahrzehnte zum Statussymbol für stilbewusste Männer.

Richard Gere in einer Filmszene aus „American Gigolo“ (1980).

Richard Gere in „American Gigolo“ 1980. Mit diesem Auftritt verkörperte er über Jahre 
hinweg den Inbegriff es stilbewussten Mannes.

©imago/Cinema Publishers Collection/Cinema Publishers Collection/imago images

Serie und Film als Modekampagne

Es war das erste Mal, dass ein Film nicht nur eine Figur, sondern auch einen bestimmten Look als Teil der Story inszenierte – und das mit einem italienischen Label, ganz ohne klassischen Kostümfundus. Ein Trend war geboren, der heute darin gipfelt, dass Filme und vor allem Serien mit Modekampagnen gleichgesetzt werden können.

Jede Episode ein Laufsteg. Jedes Kleidungsstück ein potenzieller Verkaufshit. Kein Wunder, dass Modehäuser ihre Neuheiten direkt an die Sets von Netflix- oder Disney-Produktionen schicken – in der Hoffnung, in Großaufnahme beworben zu werden.

Audrey Hepburn trägt Givenchy - oft unerkannt

Dabei trug schon Audrey Hepburn am liebsten Givenchy in Kultfilmen wie „Sabrina“ oder „Frühstück bei Tiffany“ – nur wussten das damals die wenigsten. Heute googeln Zuschauer sofort, was die Hauptdarsteller tragen.

Alles ändert sich mit Sex and the City 

Die erste Serie, die Mode erzählerisch stark einsetzte, war Sex and the City – 1998 ein Urknall für Fashionfans. Die königsblauen Satin-Heels, in denen Carrie einen Antrag von Mr. Big bekam – weltweit ausverkauft innerhalb von Tagen und nun dauerhaft im Sortiment: um die 1.100 Euro pro Paar.

Was das Quartett auf den Straßen von New York trug, wurde zum globalen Trend: John Gallianos Dior-Entwürfe, Namensketten, sichtbare BH-Träger zu Luxusroben. Nicht zuletzt, weil man sich mit Hauptdarstellern gerne identifiziert und sie dann umso lieber auch in Sachen Mode nachahmt. So wurde durch Teenie-Serien wie Gossip Girl oder O.C., California der Boho-Look in den Nullerjahren und Marken wie Balmain auch für ein junges Publikum populär.

Stranger  Things  brachte ein Achtziger-Revival und Levi’s mit Kooperationen ein frisches Image.

Eine Szene aus „Sex and the City“: Ein Mann kniet vor einer Frau in einem begehbaren Kleiderschrank.

Heiratsantrag von Mr. Big 2008

©courtesy of hbo
Ein blauer Manolo Blahnik Schuh mit einer verzierten Schnalle.

Diese Manolo Blahnik Schuhe machte Carrie weltbekannt

©courtesy of manoloblahnik
Sarah Jessica Parker bei einem öffentlichen Auftritt in einem bunten Kleid in New York.

Erneut getragen in der SATC-Fortsetzung "And Just Like That"

©GC Images/Gotham/getty images
Eine lila Fendi Baguette-Tasche, verziert mit Pailletten, liegt auf einem weißen Hintergrund.

Kultobjekt dank SATC: Fendi Baguette Bag

©Courtesy of Fendi

Emily in Paris trieb das Ganze auf die Spitze. Chanel, Valentino, Louboutin – alles dabei. Das rote Barett von Emily? Sofort ausverkauft. Ob geliebt oder gehasst: Die Serie machte Mode endgültig zum Hauptdarsteller. Viele schauen nicht wegen der – ohnehin recht seichten – Handlung, sondern um die spektakulären Outfits zu bestaunen.

Zwei Frauen, vermutlich bei einem Pferderennen, applaudieren und schauen durch ein Fernglas.

Emily in Paris Stylistin Fitoussi über die Outfits: „Superschick, over-the-top und vielleicht etwas overdressed“. Karo-Mantel von Lisou London 

©STEPHANIE BRANCHU/NETFLIX
Eine Frau in einem blauen Hosenanzug geht vor einem mit Rosen bewachsenen Haus entlang.

Blauer Anzug mit jetzt begehrter Pierre Hardy Tasche in Season 4

©STEPHANIE BRANCHU/NETFLIX/Courtesy of Netflix

Unrealistisch teuer

Dass sich Emily Cooper als junge Mitarbeiterin einer Marketingagentur die extrem teuren Stücke in der Realität wohl kaum leisten könnte, wird zur Nebensache. Und so trug die Protagonistin ohne kolportiertes Erbe in ihrem Pariser Arbeitsalltag giftgrüne Metallic-Stiefel von Maison Skorpios um 1.300 Euro oder zum Abendessen ein Minikleid von Balmain für 3.600 Euro.

Der Leitspruch von Marilyn Fitoussi, die jahrelang Assistentin der legendären SATC-Kostümbildnerin Patricia Field war und seit der dritten Staffel für die Outfits von Emily in Paris hauptverantwortlich ist: „Die wichtigste Lektion, die ich von Patricia gelernt habe, ist ihr Motto: „Wir kümmern uns nicht um die Realität.„“

Auch im Highschool-Drama Euphoria wurden Oberteile von Versace und Schuhe von Prada gezeigt – Kleidungsstücke, die an US-Highschools eher selten zu sehen sind. Die hochgelobte Produktion aus dem Jahr 2019 hatte laut Untersuchungen enormen Einfluss auf die Generation Z. Miu Mius Ultra-Miniröcke wurden auch durch Euphoria zum Trend – ebenso wie die Rückkehr zu Girlie-Looks und Nullerjahre-Ästhetik.

Eine junge Frau mit verschränkten Armen in einem rot-blau karierten Kleid.

Euphoria machte Miu Miu und Marc Jacobs als Marken bei Teenies begehrt.

©HBO/Warner Bros. Discovery, Inc.
Ein rot-blau kariertes Kleid mit weißem Kragen und Puffärmeln.

Karo-Kleid von Miu Miu um 1.100 Euro

©Courtesy of Miu Miu
Jon Hamm, als Don Draper in „Mad Men“, posiert neben einem Bürostuhl.

Mad Men ließ die Sechziger- und Siebzigerjahre auch modisch aufleben

©Frank Ockenfels/AMC
Ein grauer Anzug mit gestreifter Krawatte auf einer Schneiderpuppe.

Die Anzüge von Brooks Brothers wurden Verkaufshit. Die Marke schneiderte für Don Draper und Co., die Anzüge gab es dann auch in den Geschäften zu kaufen, um ca. 1000 Euro das Stück.

©Courtesy of Brooks Brothers

Die Anti-Kardashians

Viel erwachsener – und noch teurer – sind die Stilvorbilder aus der HBO-Hitserie Succession gekleidet. Eine Milliardärsfamilie zeigte 2023 vor, wie leiser Luxus funktioniert. Etwa in Form einer scheinbar stinknormalen, blauen Baseballkappe – mit dem Detail, dass sie von Italo-Label Loro Piana stammt und 500 Euro kostet.

Die Protagonisten seien die „Anti-Kardashians“, erklärt auch die Stylistin der Serie. „Sie müssen keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen.“ Und so tragen die Roys unauffällige, aber exklusivste Mode von Labels wie von Tod’s, The Row, Brunello Cucinelli, Max Mara oder Gabriela Hearst. Vor allem Uhrenmarken rissen sich um Auftritte ihrer Prachtstücke in der Serie. Kostenpunkt von Kendall Roys RM 67-01 Extra Flat von Richard Mille: 190.000 Euro.

Die Geschwister Roy, Kendall, Shiv und Roman, stehen in einem hellen Raum.

Milliardäre, die nicht protzen wollen und lieber ihr Business vorantreiben: Leiser Luxus wird in Succession präsentiert. Loro Piana Kappe um 500 Euro

©Die Verwendung ist nur bei redaktioneller Berichterstattung im Rahmen einer Programmankündigung ab 2 Monate vor der ersten Au/© 2022 Home Box Office, Inc.
Zwei Personen, möglicherweise aus der Serie „Succession“, stehen mit Getränken auf einer Terrasse.
©HBO/Warner Bros. Discovery, Inc.

Sogar eigene Instagram-Accounts gibt es für das Kostümdesign von Succession, weil sich Zuschauer offenbar gerne von den Outfits der Milliardärsfamilie inspirieren lassen.

Was früher beiläufig war, ist heute kalkulierte Inszenierung. Grace Kelly trug privat oft dieselben Designer wie im Film, Liz Taylor brachte ihren eigenen Schmuck ans Set, um ihre Filmkostüme aufzuwerten. Kleider waren dazu da, Charaktere zu erzählen – nicht, um Kollektionen zu promoten. Im Idealfall gelingt heute beides: Storytelling und Stil. Im Idealfall gelingt einer modeaffinen Produktion heute beides.

Die Gruppe aus „Stranger Things“ steht mit einer Kettensäge auf einem Dachboden.

"Stranger Things" sorgte für ein modisches Achtzigerjahre-Revival

©2025 Netflix, Inc.

Styling von neuer Serie in der Kritik

Eigentlich geht es in American Love Story um die Beziehung von Robert F.  Kennedy Jr. zu Carolyn Bessette in den Neunzigerjahren. Das Glamourpaar starb bei einem Flugzeugabsturz 1999. Schlagzeilen machen nun  erste Bilder vom Set und der Kritik vieler Fans.

Bessette gilt als absolute Modeikone ihrer Zeit und steht für minimalistische High-End-Eleganz. Das Styling von Schauspielerin Sarah Pidgeon erinnere dagegen an billige Zara-Ästhetik, die nicht gut sitzt und  beliebig ist, unken auch viele Modekenner. 

John John Kennedy und Carolyn Bessette in New York.

Neunziger-Stilikone Carolyn Bessette-Kennedy

©Sygma via Getty Images/Lawrence Schwartzwald/Getty IMAGES
Eine Frau in einem schwarzen Kleid und ein Mann in Jeans gehen in New York die Straße entlang.

Outfits der Serie sollen Bessette nicht gerecht werden

©GC Images/Jose Perez/Bauer-Griffin/Getty IMAGES
Christina Michlits

Über Christina Michlits

Hat Theater-, Film- und Medienwissenschaften studiert. Nach Kennenlernen des Redaktionsalltags bei Profil und IQ Style, ging es unter anderem zu Volume und dem BKF. Seit 2010 bei KURIER für die Ressorts Lebensart und Freizeit tätig. Schwerpunkte: Mode, Design und Lifestyle-Trends.

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