Innovation aus Tirol: Warum man jetzt Bohnen auf der Nase trägt
Handgemacht und landgemacht sind die Brillen von „Rolf“. Sie kommen vom Acker, aus dem Steinbruch oder aus dem Wald.
von Ingrid Greisenegger
Die erste bekannte bildliche Darstellung einer Brille findet sich in einem Wandfresko von 1352 des italienischen Malers Tommaso di Modena. Die Brille besteht aus zwei Linsen, die mit einer Niete, einer Art Stift, zusammengehalten werden. Solche Konstruktionen gab es aus Holz und aus Leder. Brillenbügel gab es noch keine. Heute dockt man dort wieder an – mit nachhaltigen Materialien wie Holz oder Stein, statt der gängigen Kunststofffassungen.
Auch Steinbrillen sind leichtgewichtig, wenn sie nur aus dünnen Steinschichten auf einer Trägerkonstruktion aus Holz aufgebaut werden. Das Tiroler Innovations- und Designunternehmen „Rolf“ produziert Holz- und Steinbrillen für eine Konsumnische mit internationalem Erfolg. Am stärksten nachgefragt ist aber die Brille aus Bohnen. Hergestellt wird sie in einem Verfahren, das an der Uni Innsbruck entwickelt wurde. Basis sind die pulverisierten bohnenförmigen Samen des schnellwüchsigen Rizinusbaums, der noch rascher hochschießt als Bambus, bei geringem Wasserbedarf.
Eine Brille aus Holz hat zwölf Wochen Produktionszeit. Das kostet.
©rolf./RoLFDie Form entsteht in einem 3D-Druckverfahren und besteht einfacherweise aus nur drei Elementen. Was den Materialverbrauch minimiert und den ökologischen Fußabdruck klein hält. „Sogar das Restmaterial, das bei der Produktion anfällt, kann zu 100 Prozent verwertet werden“, erläutert Christian Wolf, der Marketing-Chef und Mitbegründer des „Planeten Rolf“. Dadurch sind Bohnen-Brillen mit Preisen ab 400€ auch deutlich billiger als Fassungen aus Stein, ab 2.892€.
Die Brillenfassung ist aus Bohnen und unverwüstbar. Man kann sich daraufsetzen, sie mit dem Auto überfahren und sie einfach wieder zurechtbiegen.
©© ROLF Spectacles/RoLFDer Mehrwert der Bohnen-Brille liegt aber nicht nur im natürlichen, nachwachsenden Ausgangsmaterial, sondern auch in ihrer besonderen Alltagstauglichkeit. Die verdankt sie einem innovativen Brillengelenk, das mitgedruckt wird und ganz ohne Schrauben auskommt. Es macht die Fassung der Sehhilfe aus Bohnen „unkaputtbar“ durch Misshandlungen - ob beim Sport oder wenn man sich versehentlich draufsetzt, auch wenn man mit dem Auto einmal drüberfährt. Oder wenn man sie mutwillig von einer hohen Brücke in die Tiefe wirft, so geschehen zu Demonstrationszwecken in der „Sendung mit der Maus“. „Das alles hat auch eine emotionale Seite“, sagt Christian Wolf, „und durch die reduzierte, schlichte Form sind die Brillen ein Statement für das Einfache, die Konzentration auf das Wesentliche.“ Eine Brille für den Weitblick.
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